Wir fanden Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit, die die Effektivität des Screenings auf das psychosoziale Wohlbefinden und den Unterstützungsbedarf bei Menschen mit Krebs nicht stützt. Die Studien waren in Bezug auf die Populationen, Interventionen und Ergebnisbewertungen heterogen.
Die Ergebnisse dieses Reviews deuten auf einen Bedarf an mehr Einheitlichkeit bei Endpunkten und der Berichterstattung, der Verwendung von Richtlinien zur Interventionsbeschreibung, Verbesserungen der methodischen Qualität von Studien und der Kombination von subjektiven patientenberichteten Endpunkten mit objektiven Endpunkten hin.
Die Diagnose einer Krebserkrankung und die darauffolgenden mit ihr verbundenen Behandlungen können erhebliche Auswirkungen auf das körperliche und psychosoziale Wohlbefinden eines Menschen haben. Um sicherzustellen, dass bei der Krebsbehandlung alle Aspekte des Wohlbefindens berücksichtigt werden, wird ein systematisches psychoonkologisches Screening auf Distress und zusätzlichem Unterstützungsbedarf empfohlen. Ein geeignetes Screening könnte dazu beitragen, die Integration psychosozialer Ansätze im Alltag zu unterstützen, um eine ganzheitliche Krebsbehandlung zu erreichen und um sicherzustellen, dass dem besonderen Betreuungsbedarf von Krebspatienten entsprochen wird und dass die Organisation einer solchen Unterstützung optimiert wird.
Ziel des Reviews war die Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit des Screenings des psychosozialen Wohlbefindens und des Unterstützungsbedarfs von Krebspatienten sowie von Interventionsmerkmalen, die zur Wirksamkeit dieser Screening-Interventionen beitragen.
Im Januar 2018 durchsuchten wir fünf elektronische Datenbanken: Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE, Embase, PsycINFO und CINAHL. Darüber hinaus durchsuchten wir fünf Studienregister und überprüften den Inhalt relevanter Fachzeitschriften, Zitationen und Referenzen, um weitere veröffentlichte sowie unveröffentlichte Studien zu finden.
Wir schlossen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und nicht-randomisierte kontrollierte Studien (NRCTs) ein, in denen die Auswirkungen von psychoonkologischen Screening-Interventionen untersucht wurden, die das psychosoziale Wohlbefinden sowie den Unterstützungsbedarf von Krebspatienten im Vergleich zur Regelversorgung adressierten. Diese Screening-Interventionen könnten Selbstauskünfte von Personen unter Verwendung eines patientenberichteten Endpunkts (PROMs, Patient Reported Outcome Measures) oder ein semi-strukturiertes Interview mit einem Untersucher beinhalten und aus einer alleinigen Screening-Intervention oder einem Screening mit geführten Aktionen bestehen. Ausgeschlossen wurden Studien, in denen das Screening als Bestandteil komplexerer Interventionen bewertet wurde (z. B. Therapie, Coaching, ganze Versorgungspfade oder Versorgungsprogramme).
Zwei Review-Autoren extrahierten unabhängig voneinander die Daten und bewerteten die methodische Qualität für jede eingeschlossene Studie unter Verwendung des Cochrane Tools für RCTs und des ROBINS-I-Tools (Risiko für Bias in nicht- randomisierten Studien) für NRCTs. Aufgrund des hohen Grads an Heterogenität der eingeschlossenen Studien wurden nur drei der Studien in eine Metaanalyse einbezogen. Die Ergebnisse der verbliebenen 23 Studien wurden narrativ analysiert.
Wir schlossen 26 Studien (18 RCTs und 8 NRCTs) mit Stichprobengrößen von 41 bis 1012 Teilnehmern ein. Insgesamt wurden 7654 Erwachsene mit Krebs eingeschlossen. Zwei Studien umfassten nur Männer oder Frauen. Alle anderen Studien umfassten beide Geschlechter. Für die meisten Studien wurden Patienten mit Brust-, Lungen-, Kopf- und Hals-, Darm-, Prostatakrebs oder mehreren dieser Diagnosen eingeschlossen. Einige Studien umfassten Menschen mit einem breiteren Spektrum an Krebsdiagnosen. Zehn Studien konzentrierten sich auf eine einzelne Screening-Intervention, während die verbliebenen 16 Studien eine Screening-Intervention kombiniert mit geführten Aktionen untersuchten. Ein breites Spektrum von Messinstrumenten wurde verwendet und von den Autoren der Studien als Screening der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL), Distress-Screening, Bedarfsermittlung oder die Erfassung biopsychosozialer Symptome oder des allgemeinen Wohlbefindens beschrieben. In 13 Studien bestand das Screening aus einem patientenberichteten Fragebogen, während in den verbliebenen 13 Studien das Screening durch ein Interview oder eine schriftliche Befragung von einem Untersucher durchführt wurde. Die interventionellen Screenings in den Studien wurden 1 bis 12 Mal durchgeführt, ohne Nachbeobachtung oder mit Wiederholung 4 Wochen bis 18 Monate nach dem ersten interventionellen Screening. Das Bias-Risiko (Verzerrungspotenzial) wurde für acht RCTs als hoch, für fünf RCTs als niedrig und für die fünf verbliebenen RCTs als unklar bewertet. Weiterhin gab es Bedenken hinsichtlich der NRCTs (1 = Studie mit kritischem Risiko; 6 = Studien mit schwerwiegendem Risiko; 1 = Studie mit unklarem Risiko).
Aufgrund der beträchtlichen Heterogenität der verschiedenen Interventions- und Studienmerkmale haben wir die Ergebnisse für den Großteil der Evidenz narrativ berichtet.
In der narrativen Synthese aller eingeschlossenen Studien fanden wir Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit für den Effekt eines Screenings auf die HRQoL (20 Studien). Von diesen Studien fanden acht nutzbringende Wirkungen des Screenings auf mehrere Subdomänen von HRQoL und zehn zeigten keinen Effekt des Screenings. Eine Studie zeigte sogar unerwünschte Wirkungen, und die letzte Studie berichtete keine quantitativen Ergebnisse. Wir fanden Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit für den Effekt eines Screenings auf Distress (16 Studien). Von diesen Studien fanden zwei nutzbringende Effekte des Screenings bezogen auf Distress und 14 keinen Effekt. Wir bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für den Effekt eines Screenings auf die HRQoL insgesamt als sehr niedrig. Wir fanden Evidenz von sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit für den Effekt eines Screenings auf den Unterstützungsbedarf (sieben Studien). Drei dieser Studien fanden nutzbringende Effekte eines Screenings auf mehrere Subdomänen zu Unterstützungsbedarf und zwei fanden keine Effekte des Screenings. Eine Studie zeigte sogar unerwünschte Wirkungen, und die letzte Studie berichtete keine quantitativen Ergebnisse. Auch hier war die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für den Effekt des psychosozialen Screenings auf die HRQoL insgesamt sehr niedrig. In keiner der Studien wurden spezifisch unerwünschte Wirkungen des Screenings ausgewertet oder berichtet. Drei Studien berichteten jedoch über nachteilige Effekte des Screenings, darunter eine niedrigere Lebensqualität, mehr unerfüllte Bedürfnisse und eine geringere Zufriedenheit.
Drei Studien konnten in eine Metaanalyse einbezogen werden. Die Metaanalyse ergab keinen nutzbringenden Effekt der Screening-Intervention auf die HRQoL von Menschen mit Krebs (mittlere Differenz (MD) 1,65, 95% Konfidenzintervall (KI) -4,83 bis 8,12, 2 RCTs, 6 Monate Nachbeobachtung); Distress (MD 0,0, 95% KI -0,36 bis 0,36, 1 RCT, 3 Monate Nachbeobachtung); oder Unterstützungsbedarf (MD 2,32, 95% KI -7,49 bis 12,14, 2 RCTs, 3 Monate Nachbeobachtung). Diese Studien bewerteten jedoch alle ein spezifisches interventionelles Screening (CONNECT) für Menschen mit Darmkrebs.
In den Studien, in denen Effekte ermittelt werden konnten, wurden keine Zusammenhänge zwischen Interventionsmerkmalen und der Effektivität der Screening-Interventionen gefunden.
D. Draeger, freigegeben durch Cochrane Deutschland.