Kernaussagen
- Zur Wiederherstellung eines normalen Herzrhythmus bei Patienten mit Vorhofflimmern und Vorhofflattern können sowohl eine elektrische Kardioversion als auch bestimmte Medikamente eingesetzt werden. Während die elektrische Kardioversion bei allen Herzrhythmusstörungen sehr gut wirksam ist, variiert die Wirksamkeit von Medikamenten. Einige sind bei anhaltendem Vorhofflimmern und Vorhofflattern nur moderat oder gar nicht wirksam.
- Die elektrische Kardioversion scheint ein sehr sicheres Verfahren zu sein. Das Risiko schwerer Komplikationen bei der medikamentösen Kardioversion war gering, es sind allerdings zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen erforderlich.
- Wir brauchen weitere Studien, um zu untersuchen, ob diese Behandlungsmethoden die Lebensqualität verbessern und ob sie relevante Unterschiede in der Dauer des Krankenhausaufenthalts bewirken.
Was ist Vorhofflimmern?
Vorhofflimmern ist weltweit die häufigste Herzrhythmusstörung. Betroffene spüren eventuell, dass ihr Herz zu schnell und unregelmäßig schlägt. Es kann in einzelnen kurzen oder langen Episoden auftreten (paroxysmales Vorhofflimmern) oder kontinuierlich auftreten (persistierendes Vorhofflimmern). Das Vorhofflattern ist eine ähnliche Herzrhythmusstörung und verursacht ähnliche Symptome. Es kann ebenfalls Episoden von unterschiedlicher Dauer verursachen oder auch kontinuierlich auftreten.
Was ist eine Kardioversion?
Kardioversion ist eine Behandlung zur Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus).
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten wissen, ob ein gezielter Elektroschock (elektrische Kardioversion) und die Verabreichung von Medikamenten (pharmakologische Kardioversion) wirksam und sicher sind, um den Herzrhythmus wieder zu normalisieren.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen die elektrische und die pharmakologische Kardioversion im Vergleich zueinander oder zu einem Placebo (einem Medikament, das wie das echte Medikament aussieht, aber keinen Wirkstoff enthält) untersucht wurden.
Wir verglichen und fassten die Ergebnisse der Studien zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Ergebnisse anhand von Faktoren wie Studienmethoden und Größe der Studien.
Was fanden wir?
Wir fanden 112 Studien. Wir konnten die Ergebnisse von 72 Studien mit 15.968 Teilnehmenden im Alter zwischen 47 und 72 Jahren zusammenführen und analysieren. 35 Studien untersuchten Patient*innen mit paroxysmalem Vorhofflimmern (Vorhofflimmern, das innerhalb von sieben Tagen nach seinem Auftreten spontan oder durch einen Eingriff endete), 26 Studien Patient*innen mit persistierendem Vorhofflimmern (Vorhofflimmern, das länger als sieben Tage anhält, einschließlich Episoden, die nach ≥ 7 Tagen durch Kardioversion beendet werden) und 14 Studien untersuchten Patient*innen mit Vorhofflattern. Die übrigen umfassten sowohl Patient*innen mit paroxysmalem als auch persistierendem Vorhofflimmern sowie mit Vorhofflattern.
Hauptergebnisse
Um bei Patient*innen mit paroxysmalem Vorhofflimmern den Sinusrhythmus wiederherzustellen, sind die elektrische Kardioversion mit schrittweise zunehmender biphasischer Energie, schnell wirkende Medikamente wie intravenöses Vernakalant, Flecainid, Ibutilid und Antazolin sowie langsamer wirkende und/oder oral einzunehmende Medikamente wie Chinidin, Propafenon, Amiodaron und Sotalol wirksam.
Bei Patient*innen mit persistierendem Vorhofflimmern scheint die elektrische Kardioversion mit biphasischer Energie die wirksamste Option zu sein. Tabletten mit den Wirkstoffen Bepridil, Chinidin und Amiodaron sind möglicherweise in ausgewählten Fällen ebenfalls wirksam.
Bei Patient*innen mit Vorhofflattern ist die elektrische Kardioversion, gefolgt von Dofetilid, die wirksamste Option.
Das Sterberisiko und das Schlaganfallrisiko ist bei Patient*innen, die sich einer Kardioversion unterziehen, sehr gering.
Schwerwiegende Herzrhythmusstörungen wie Torsade de pointes, anhaltende ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern wurden bei den Medikamenten Dofetilid, Ibutilid, Sotalol, Chinidin und Vernakalant beobachtet. Diese Herzrhythmusstörungen sind mit einer hohen 1-Jahres-Sterblichkeitsrate verbunden, was eine besondere Sorgfalt und engmaschige Überwachung bei der Anwendung dieser Medikamente erfordert. Daten über die Dauer des Krankenhausaufenthalts waren in drei Studien verfügbar. Da aber die gewählten Start- und Endpunkte zur Messung der Aufenthaltsdauer zwischen den Studien variierten, konnten wir diese Messungen nicht zusammenführen und gemeinsam auswerten. Diese Studien deuten darauf hin, dass die Dauer des Krankenhausaufenthalts bei elektrischer Kardioversion möglicherweise geringer ist.
Bei einigen Patient*innen, die mit Propafenon, Flecainid, Sotalol, Amiodaron, Vernakalant oder Placebo behandelt wurden, trat eine Herzschwäche auf. Dieses Problem wurde jedoch nicht bei Patient*innen beobachtet, die eine elektrische Kardioversion erhielten. Daher sollte bei Bedenken bezüglich des Auftretens von Herzschwäche die elektrische Kardioversion bevorzugt werden.
Bei Patienten, die mit Amiodaron behandelt wurden, trat häufig eine Phlebitis (d. h. eine Venenentzündung, die durch die Anwendung von injizierbaren Arzneimitteln verursacht wird) auf, und bei Patienten, die Vernakalant erhielten, traten häufig Dysgeusie (d. h. eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns) und Niesen auf.
Was schränkt die Ergebnisse ein?
Die Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit der verfügbaren Behandlungen für persistierendes Vorhofflimmern und Vorhofflattern schätzen wir als sicher oder als moderat sicher ein. Bei einigen der Behandlungsmöglichkeiten für paroxysmales Vorhofflimmern sind wir weniger sicher.
Es liegen nicht genügend Daten zur Lebensqualität vor. Die Daten zur Dauer des Krankenhausaufenthalts waren begrenzt. Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden oder zu sterben, war sehr gering.
Wie aktuell sind die Studien und Ergebnisse dieses Reviews?
Der Review ist auf dem Stand von Februar 2023.
B. Schindler, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland