Langzeit-Bluttransfusionen zur Vorbeugung von Schlaganfällen bei Personen mit Sichelzellkrankheit

Fragestellung des Reviews

Wir wollten herausfinden, ob Langzeit-Bluttransfusionen für Personen mit Sichelzellkrankheit, die ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben (Primärprävention) oder bereits einen Schlaganfall hatten (Sekundärprävention), das Risiko eines Schlaganfalls in der Folge verringern, ohne dass es zu schweren Nebenwirkungen kommt. Wir verglichen Langzeit-Bluttransfusionen mit der Regelversorgung oder mit anderen Formen der Schlaganfallprävention. Dies ist eine Aktualisierung eines bereits veröffentlichten Cochrane Reviews.

Interventionen bei stillem Schlaganfall werden in einem separaten Cochrane-Review behandelt.

Hintergrund

Die Sichelzellkrankheit ist eine schwere vererbte Blutkrankheit, bei der sich die roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff im Körper transportieren, abnormal entwickeln.

Normale rote Blutkörperchen sind biegsam und scheibenförmig. Bei der Sichelzellkrankheit können sie starr, sichelförmig und anhaftender werden. Dies kann zu einer Verstopfung der Blutgefässe führen, die Gewebe und Organe schädigt und starke Schmerzen verursacht. Die abnormen Blutzellen brechen leichter auseinander, was zu einer verminderten Anzahl roter Blutkörperchen (sogenannte Anämie) führt.

Sichelförmige rote Blutkörperchen können den Blutfluss in den Blutgefässen des Gehirns blockieren und zu Schlaganfällen führen.

Schlaganfälle treten bei bis zu 10 % der Kinder mit Sichelzellkrankheit (HbSS) auf und können eine Schwäche der Gliedmassen, undeutliche Sprache, Krampfanfälle und kognitive Beeinträchtigungen verursachen.

In den Studien wurden zwei Untersuchungen verwendet, um Kinder mit erhöhtem Risiko für das Auftreten eines ersten Schlaganfalls zu identifizieren. Die erste Methode (transkranielle Dopplersonographie) misst die Geschwindigkeit des Blutflusses durch die Arterien im Gehirn. Kinder, die einen hohen Blutfluss aufweisen, haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Bei der anderen Methode (Magnetresonanztomographie) werden Bilder des Gehirns gemacht, um Gehirnregionen zu entdecken, die kleine Schädigungen aufweisen (stiller Schlaganfall). Kinder, bei denen diese nachgewiesen werden können, haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.

Bluttransfusionen können helfen, einen Schlaganfall zu verhindern, indem sie die Anämie vermindern, die sichelförmigen roten Blutkörperchen verdünnen und den Sauerstoffgehalt im Blut erhöhen.

Bluttransfusionen können mit Nebenwirkungen einhergehen. Diese umfassen z.B. die Entwicklung von Antikörpern gegen Proteine auf den roten Blutkörperchen des Spenders (Alloimmunisierung), die Anhäufung von zu viel Eisen im Körper durch wiederholte Transfusionen, ein erhöhtes Infektionsrisiko und verlängerte Krankenhausaufenthalte.

Datum der Suche

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 8. Oktober 2019.

Studienmerkmale

Wir fanden fünf randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 660 Teilnehmenden. Drei Studien verglichen Bluttransfusionen mit keinen Bluttransfusionen und zwei Studien verglichen Bluttransfusionen mit dem Medikament Hydroxyharnstoff (Hydroxycarbamid). Die Studien wurden zwischen 1998 und 2016 veröffentlicht und schlossen Kinder und manchmal Jugendliche ein. Die meisten hatten die gleiche Form der Sichelzellkrankheit (HbSS).

Alle Studien erhielten staatliche Förderung.

Hauptergebnisse

Bei Kindern mit erhöhtem Schlaganfallrisiko, die noch keine Bluttransfusionen erhalten haben, verringern systematische Langzeit-Bluttransfusionen wahrscheinlich die Anzahl klinischer Schlaganfälle. Außerdem könnten sie andere Komplikationen im Zusammenhang mit der Sichelzellkrankheit verringern.

Wir sind sehr unsicher darüber, ob das Absetzen von Bluttransfusionen bei Kindern und Jugendlichen, die über einen längeren Zeitraum (mehr als 12 Monate) Transfusionen erhalten haben, das Schlaganfallrisiko erhöht.

Wir sind außerdem sehr unsicher darüber, ob bei Kindern, die keinen vorangegangenen Schlaganfall hatten, die Umstellung von Langzeittransfusionen mit Eisenchelation auf Hydroxyharnstoff mit Aderlass Auswirkungen auf Schlaganfälle, Sterblichkeit oder mit der Sichelzellkrankheit zusammenhängende Komplikationen hat. Hydroxyharnstoff hat möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf den Eisengehalt in der Leber.

Wir sind sehr unsicher, ob bei Kindern und Jugendlichen, die bereits einen Schlaganfall hatten und zuvor regelmässig Transfusionen erhielten, die Umstellung von Langzeittransfusionen mit Eisenchelation auf Hydroxyharnstoff mit Aderlass das Schlaganfall- oder Sterberisiko erhöht. Die Umstellung von Langzeittransfusionen auf Hydroxyharnstoff kann zu einer Zunahme einiger schwerer Komplikationen der Sichelzellkrankheit, wie etwa Schmerzkrisen, führen.

Qualität der Evidenz

Bei Kindern mit erhöhtem Schlaganfallrisiko, die noch keine Langzeittransfusionen erhalten haben, liegt Evidenz von moderater Qualität vor, dass Langzeittransfusionen von roten Blutkörperchen das Schlaganfallrisiko verringern. Die Qualität der Evidenz wurde für alle anderen Endpunkte als niedrig bis sehr niedrig eingestuft. Dies lag an dem hohen Risiko von Bias in den Studien und an der geringen Anzahl an eingeschlossenen Studien und Teilnehmenden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Barth, E.von Elm, freigegeben durch Cochrane Schweiz

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