Kann der Einsatz von Antibiotika eine Infektion verhindern, wenn zurückgebliebenes Plazentagewebe nach einer vaginalen Geburt von Hand entfernt wird?

Kernaussagen

  • Vorbeugende Antibiotika (keimtötende Medikamente) haben möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Infektionsrate der Gebärmutterschleimhaut nach der manuellen Entfernung einer nicht ausgestoßenen Plazenta, wobei die Evidenz hierzu sehr unsicher ist.

  • Es braucht eine größere Studie mit verbessertem Studiendesign, die besser zu unseren Forschungsfragen passt, um den Nutzen und möglichen Schaden von prophylaktischen (vorbeugenden) Antibiotika besser einschätzen zu können.

Was ist eine verzögerte Abstoßung der Plazenta?

Bei einer natürlichen Geburt erfolgt die Ausstoßung der Plazenta kurz nach der Geburt des Kindes als Nachgeburt. Gelegentlich löst sich die Plazenta nicht von selbst und verbleibt in der Gebärmutter, was als Plazentaretention bezeichnet wird. Dies kann zu einem erheblichen Blutverlust und schwerwiegenden Folgen, wie dem Tod der Mutter, führen.

Wie wird eine Plazentaretention behandelt?

Nachdem die Patientin eine Narkose erhalten hat, führt die Ärztin oder der Arzt eine Hand in die Gebärmutter ein, um die Plazenta manuell zu entfernen. Dadurch können möglicherweise Keime in die Gebärmutter gelangen und eine Infektion der Gebärmutterschleimhaut verursachen.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob die Verabreichung eines Antibiotikums kurz vor der manuellen Entfernung der Plazenta eine Infektion der Gebärmutterschleimhaut verhindern kann. Wir wollten auch herausfinden, ob die Behandlung mit einem hohen Blutverlust, einer Blutvergiftung, unerwünschten Wirkungen und der Einweisung des Neugeborenen auf die Intensivstation verbunden ist.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, in denen die Verabreichung vorbeugender Antibiotika im Vergleich zu keinen Antibiotika bei Frauen untersucht wurden, denen die Plazenta manuell entfernt wurde. Wir verglichen und fassten die Ergebnisse der Studien zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz auf der Grundlage von Faktoren wie Studienmethoden und Studiengrößen.

Was fanden wir?

Wir fanden vier Studien, an denen 974 Frauen mit einer Plazentaretention beteiligt waren. In allen Fällen wurden prophylaktische Antibiotika mit keinen Antibiotika verglichen. Die größte Studie umfasste 407 Frauen und die kleinste Studie 100 Frauen. Die Studien wurden in Bulgarien, Deutschland, Norwegen und Israel durchgeführt. Keine Studie gab eine Finanzierungsquelle an.

Im Vergleich zu keinen Antibiotika hat die Verabreichung von prophylaktischen Antibiotika:

  • eine unklare Wirkung auf die Infektion der Gebärmutterhöhle,

  • möglicherweise einen geringen oder gar keinen Einfluss auf den Blutverlust der Mutter oder darauf, ob das Baby auf die Intensivstation eingeliefert wird.

Wir haben keine Studien gefunden, die beantworteten, wie sich prophylaktische Antibiotika auf Blutvergiftung auswirken oder welche unerwünschten Wirkungen sie womöglich haben.

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir haben wenig Vertrauen in die Ergebnisse der Wirkung auf die Infektion der Gebärmutterschleimhaut, da einige unbekannte Faktoren die Wirkung beeinträchtigen könnten. Einige Evidenzen bezogen sich auf jegliche Behandlung der Gebärmutter direkt nach der Entbindung, während das Verfahren, das wir bewerten wollten, spezifischer war. Die Evidenz beruht auf nur wenigen Fällen von Infektionen.

Wir haben wenig Vertrauen in die Evidenz zum Blutverlust oder der Einweisung des Babys auf die Intensivstation, da einige unbekannte Faktoren die Wirkung beeinträchtigen könnten und es nicht genügend Studien gab, um sich der Ergebnisse zu unseren Endpunkten sicher zu sein.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Dieser Review ist eine Aktualisierung unseres Cochrane-Reviews von 2014. Die Evidenz ist auf dem Stand von Mai 2024.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zeitler, L. Gorenflo, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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