Hintergrund
Probleme mit geistigen/kognitiven Fähigkeiten (kognitive Nebenwirkungen) treten häufig bei Menschen nach einer Bestrahlung des Gehirns auf. Eine Hirnbestrahlung kann bei einem primären oder sekundären (metastasierten) Hirntumor durchgeführt werden oder auch, um die Ausbreitung eines Tumors von einer anderen Stelle des Körpers ins Gehirn zu verhindern. Diese toxische Nebenwirkung der Hirnbestrahlung kann akut (während der Behandlung) oder kurze Zeit nach der Behandlung (ein bis sechs Monate) auftreten und ist möglicherweise reversibel. Spätschäden können jedoch viele Monate oder Jahre später auftreten, und wenn sie auftreten, sind sie in der Regel irreversibel und oft langsam fortschreitend. Späte kognitive Defizite, wie Gedächtnisverlust, Probleme bei der Aufgabenplanung oder Verhaltensänderungen können die Lebensqualität und die Alltagsbewältigung stark beeinträchtigen. Maßnahmen zur Vorbeugung oder Behandlung dieser späten Strahlenschäden können das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten verbessern. Hier werden alle Studien zu pharmakologischen (medikamentösen) und nicht-pharmakologischen (psychologischen) Interventionen zur Vorbeugung oder Behandlung kognitiver Nebenwirkungen im Zusammenhang mit einer Strahlentherapie des Gehirns zusammengefasst.
Studienmerkmale
In der ursprünglichen, im August 2014 veröffentlichten Übersichtsarbeit wurden vier Literaturdatenbanken nach Artikeln aus Fachzeitschriften und anderen Zeitschriften durchsucht. Sechs randomisierte kontrollierte Studien, bei denen die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip der Interventions- oder Vergleichsgruppe (Kontrollgruppe) zugewiesen wurden, wurden für diesen Review berücksichtigt. In jeder der Studien wurden unterschiedliche Maßnahmen untersucht, so dass die Ergebnisse nicht zusammengefasst wurden. Die größte Studie untersuchte das Medikament Memantin bei 508 Personen mit einem metastasierten Hirntumor. In einer anderen Studie wurde Donepezil bei 198 Personen mit einem primären oder sekundären Hirntumor untersucht. Die anderen Studien waren kleiner und untersuchten Modafinil und Methylphenidat. Wir fanden eine psychologische Intervention zur Vorbeugung kognitiver Defizite aufgrund einer Hirnbestrahlung.
Bei dieser Aktualisierung durchsuchten wir dieselben Datenbanken wie bei der ursprünglichen Übersichtsarbeit. Zwei neue Studien wurden in die Übersichtsarbeit eingeschlossen. Eine davon war eine nicht-pharmakologische Präventionsstudie, in der die Wirkung einer kalorienreduzierten ketogenen Diät und die des intermittierenden Fastens untersucht wurde. Bei der anderen identifizierten Studie handelte es sich um eine nicht-pharmakologische Studie zur Verbesserung, in der ein Zielsetzungstraining, eine verhaltenstherapeutische Intervention, die Achtsamkeit und Strategieschulung kombiniert, untersucht wurde. Eine in der vorherigen Version des Reviews als Konferenzbericht eingeschlossene Studie, in der Donepezil mit Placebo verglichen wurde, liegt nun als Volltext vor.
Hauptergebnisse
Die Ergebnisse zur Wirksamkeit von Memantin bieten erste Anhaltspunkte, dass kognitive Defizite bei Patientinnen und Patienten mit einem sekundären Hirntumor, die eine Hirnbestrahlung erhalten, verhindert werden könnten. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit von Donepezil bieten erste Hinweise auf eine Verbesserung kognitiver Defizite bei Patientinnen und Patienten, die aufgrund eines primären oder sekundären Tumors bestrahlt wurden. Weitere Untersuchungen zu beiden Wirkstoffen sind wichtig, um ihre Wirksamkeit zu bestätigen und mögliche Nebenwirkungen zu erfassen. Bei den übrigen Studien reichte die Zahl der Teilnehmenden nicht aus, um vertrauenswürdige Ergebnisse zu erzielen. Nebenwirkungen (unerwünschte Ereignisse) wurden nicht in allen Studien berichtet, aber in den Studien, in denen sie auftraten, waren sie meist nicht schwerwiegend und traten selten auf. Die Rekrutierung und Bindung von Studienteilnehmenden war für die meisten pharmakologischen Studien schwierig. Es wurden zwar nur begrenzte Anhaltspunkte für die Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Behandlungen gefunden, dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Interventionen unwirksam sind, sondern vielmehr, dass weitere Forschung erforderlich ist.
Vertrauenswürdigkeit der Evidenz
Wir stellten fest, dass die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz in den einzelnen Studien begrenzt ist. Mehrere pharmakologische, randomisierte kontrollierte Studien wiesen ein geringes Risiko der Verzerrung auf, während einige andere ein hohes Verzerrungsrisiko aufwiesen, z. B. weil die Studie nicht verblindet war (d.h. alle Studienteilnehmende wussten, welche Behandlung sie bekamen) oder weil eine Placebogruppe gefehlt hat. Bei den nicht-pharmakologischen Interventionen bestand ein hohes Risiko der Verzerrung, da eine Placebogruppe in diesen Studien schwer zu realisieren ist.
T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland