Kernaussagen
- Die Gabe des Medikaments Tranexamsäure (TXA) vor, während oder nach der operativen Behandlung eines Hüftbruchs verringert wahrscheinlich die Notwendigkeit einer Bluttransfusion.
- Eine Behandlung mit Eisen bewirkt möglicherweise lediglich einen geringfügigen oder keinen Unterschied in der Notwendigkeit einer Bluttransfusion nach einem Hüftbruch.
Um welche Situation geht es?
Eine gebrochene Hüfte (ein Bruch im Bereich des oberen Endes des Oberschenkelknochens) tritt häufig bei älteren Erwachsenen auf, deren Knochen aufgrund von Osteoporose geschwächt sind. Bei dieser Verletzung kann es zu einem hohen Blutverlust kommen. Zudem geht die operative Fixierung des Knochens mit einem Blutverlust einher. Viele ältere Menschen mit einem Hüftbruch leiden auch an einer Anämie, das heißt, sie haben weniger rote Blutkörperchen, deren Hauptaufgabe der Transport des Sauerstoffs von der Lunge in den restlichen Körper ist. Viele der Betroffenen benötigen im Rahmen der Behandlung eine (von einer anderen Person gespendete) Bluttransfusion. Dies birgt einige Risiken wie Infektionen, einen längeren Krankenhausaufenthalt oder Verwirrtheitszustände nach der Operation.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob es Behandlungen gibt, die die Notwendigkeit einer Bluttransfusion verringern können. Wir waren an jeglichen Medikamenten oder jeglichen anderen Methoden interessiert, die einen zusätzlichen Blutverlust verringern. Wir wollten zudem wissen, ob diese Behandlungen die Lebensqualität der Patient*innen nach der Operation verbessern, und ob sie mit unerwünschten Wirkungen einhergehen.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach systematischen Reviews, in denen Behandlungen zur Verringerung des Blutverlusts bei Menschen mit einem Hüftbruch bewertet wurden. Bei der Erstellung dieser Übersichtsarbeiten wird die Evidenz, die zu einer Behandlung verfügbar ist, aus veröffentlichten Studien gesammelt und die Ergebnisse dieser Studien ausgewertet. In dieser Übersicht fassten wir die Ergebnisse von Reviews zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die in ihnen zusammengefasste Evidenz. Für die Bewertung unseres Vertrauens in die Evidenz berücksichtigten wir Faktoren wie die Methoden und Größe der Studien.
Was fanden wir?
Wir fanden 17 Reviews zur Gabe von Tranexamsäure und neun Reviews zur Gabe von Eisen, die 36 Studien mit 3.923 Teilnehmenden umfassten. Viele der Reviews enthielten dieselben Studien. Wir fassten die Evidenz aus drei Reviews zusammen, die die maßgeblichsten Informationen enthielten.
Die Gabe von Tranexamsäure wurde in einem Review mit 24 Studien mit 2.148 Personen mit einem Hüftbruch und einem weiteren Review mit 10 Studien mit 1.123 Personen bewertet. In den Studien wurde die Tranexamsäure vor, während oder nach der Operation (oder zu allen drei Zeitpunkten) verabreicht, entweder direkt in eine Vene oder auf die offene Wunde.
Die Gabe von Eisen wurde in einem Review mit zwei Studien mit 403 Teilnehmenden bewertet. Das Eisen wurde entweder vor der Operation oder vor und nach der Operation direkt in eine Vene verabreicht.
Wir fanden keine Reviews zu anderen Arten von Behandlungen.
Hauptergebnisse
Im Vergleich zu keiner Behandlung (oder einer "Scheinbehandlung", die kein wirksames Arzneimittel enthält):
- bewirkt die Gabe von Tranexamsäure wahrscheinlich die Notwendigkeit einer Bluttransfusion. Von 1000 Personen mit einem Hüftbruch könnten 257, denen Tranexamsäure verabreicht wurde, eine Bluttransfusion benötigen, verglichen mit 451 Personen, denen keine Tranexamsäure verabreicht wurde;
- verringert die Gabe von Tranexamsäure wahrscheinlich die Menge des transfundierten Blutes, das einer Person verabreicht wird;
- bewirkt die Gabe von Tranexamsäure wahrscheinlich lediglich einen geringfügigen bis keinen Unterschied in der Zahl der Menschen, bei denen die Behandlung mit Nebenwirkungen einhergeht (wie beispielsweise Blutgerinnsel, die sich in einer tiefen Vene bilden), oder in der Zahl der Menschen, die innerhalb eines Monats nach ihrem Hüftbruch sterben.
Im Vergleich zu keiner Behandlung (oder einer "Scheinbehandlung") bewirkt die Gabe von Eisen möglicherweise lediglich einen geringfügigen oder keinen Unterschied in:
- der Zahl der Menschen, die eine Bluttransfusion benötigen;
- der Menge des transfundierten Blutes, dem Auftreten von Verwirrtheitszuständen, Infektionen oder Todesfällen innerhalb eines Monats nach der Operation.
Es ist unklar, ob die Gabe von Eisen einen Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Betroffenen vier Monate nach der Operation haben könnte.
In keinem der Reviews wurde berichtet, ob die Behandlungen Auswirkungen auf die Fähigkeit der Teilnehmenden zur Durchführung von alltäglichen Aktivitäten vier Monate nach der Operation haben. Keiner der Reviews zur Tranexamsäure enthielt Informationen zum Auftreten von Verwirrtheitszuständen oder zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität.
Was schränkt die Evidenz ein?
Unser Vertrauen in die Evidenz dazu, dass Tranexamsäure den Bedarf an Bluttransfusionen verringert, ist lediglich moderat. Die in den von uns ausgewählten Reviews enthaltenen Studien, die Ergebnisse lieferten, bilden möglicherweise nicht die gesamte verfügbare Evidenz ab, was den Nutzen der Behandlungen möglicherweise übertrieben groß erscheinen lassen. In Bezug auf andere Zielgrößen waren einige Studien zu klein und berichteten große Unterschiede in ihren Ergebnissen. Außerdem war unklar, ob alle Studien methodisch ausreichend gut waren, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern.
Unser Vertrauen in die Ergebnisse zur Eisenbehandlung ist gering, da die Studien zu klein waren, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern.
Alle Reviews wiesen Schwächen in der Art und Weise auf, wie sie zu ihren endgültigen Schlussfolgerungen gelangten, was bedeutet, dass sie möglicherweise nicht dem bestmöglichen Standard entsprechend durchgeführt wurden. Die Ergebnisse der einzelnen Reviews waren jedoch alle ähnlich, was unser Vertrauen darin gestärkt hat, dass die Ergebnisse der Studien in den Reviews korrekt übertragen wurden.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Diese Übersicht ist auf dem Stand von Januar 2022.
C. Braun, T. Brugger, freigegeben durch Cochrane Deutschland.