Kernaussagen
- Der Nutzen und die unerwünschten Wirkungen der Behandlung von Depressionen im Kindes- und Jugendalter durch eine Nahrungsergänzung (Supplementierung) mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren sind aufgrund fehlender robuster Evidenz unklar. Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren sind wichtige Fette, die über die Ernährung aufgenommen werden müssen.
- Um den potenziellen Nutzen und Schaden einer Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren bei Depressionen im Kindes- und Jugendalter besser einschätzen zu können, sind größere, gut konzipierte Studien erforderlich.
Warum ist es wichtig, Behandlungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit einer Depression zu finden?
An einer Depression erkrankte Menschen haben eine gedrückte Stimmung oder verlieren Freude oder Interesse an ihren üblichen und alltäglichen Aktivitäten. Es handelt sich um eine lang anhaltende (chronische) Störung, die schwerwiegend ist und bei der nach Phasen des Wohlbefindens Rückfälle auftreten können. Sie beginnt häufig im Kindes- und Jugendalter und betrifft bis zu acht von 100 Kindern. Auf die derzeitigen Behandlungsmethoden für Depressionen im Kindes- und Jugendalter sprechen Betroffene leider nur schlecht an. Eine Linderung der Symptome (Remission) kann schwierig sein. Aktuelle Studien fanden, dass die Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren eine vielversprechende Möglichkeit zur Behandlung von Depressionen bei Erwachsenen darstellt. Unser Körper kann diese nützlichen Fette nicht selbst herstellen, sie sind aber in fettem Fisch, weiteren Meerestieren und -pflanzen und bestimmten Nüssen und Samen enthalten. Sie können auch als tägliche Nahrungsergänzung in Form von Kapseln oder Flüssigkeiten verabreicht werden (z. B. als Lebertran-Kapseln).
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden:
- ob eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren dazu beiträgt, die Depressionssymptome bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren; und
- ob eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Kindern und Jugendlichen dabei hilft, ihre Depression zu überwinden.
Wir wollten auch wissen, ob eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren unerwünschte Wirkungen haben kann.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen Kinder und Jugendliche nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugeteilt wurden. Die Studien sollten eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren mit einem Placebo (Scheinbehandlung), einer Warteliste, keiner Behandlung/Supplementierung oder der üblichen Versorgung vergleichen. Durch dieses Vorgehen kann sichergestellt werden, dass sich die Personengruppen ähneln und dass die Forschenden nicht wissen, wer welche Behandlung bekommt. Wir verglichen die Ergebnisse der Studien, fassten sie mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz auf der Grundlage von Faktoren wie Studienmethoden und Größe der Studien.
Was fanden wir?
Wir fanden fünf Studien, an denen 228 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren mit Depressionen teilnahmen. Die größte Studie umfasste 60 Personen, die kleinste Studie 28 Personen. Drei Studien wurden in den USA, eine in Israel und eine in der Slowakei durchgeführt. Vier Studien dauerten etwa 12 Wochen und eine Studie 16 Wochen.
Wir stellten fest, dass eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren möglicherweise zu einer Verringerung von selbstberichteten Depressionssymptomen führt. Die Ergebnisse sind aber sehr unsicher. Würde man einer Gruppe von 100 Kindern und Jugendlichen mit Depressionen mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure-Präparate und einer weiteren Placebos verabreichen, würden 50 der 100 Kinder/Jugendlichen mit Omega-3 Supplementierung und 48 der 100 Kinder/Jugendlichen mit Placebo eine Remission erreichen.
Was schränkt die Evidenz ein?
Wir haben sehr niedriges Vertrauen in die Evidenz, da es nicht genügend Studien gab, um sichere Ergebnisse zu erzielen, und die Studien sehr klein waren. Die derzeitige Evidenz ist unzureichend, um festzustellen, ob eine Supplementierung mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren Depressionen im Kindes- und Jugendalter verbessert.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand von 18. Mai 2023.
F. Halter, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland