Hintergrund
In vielen Ländern gibt es ambulante Zwangsbehandlungen für Menschen mit schweren psychischen Problemen, z.B. in Australien, Kanada, Israel, Neuseeland, Großbritannien und in den USA. Befürworter dieses Ansatzes argumentieren, dass eine ambulante Zwangsbehandlung nötig sei aufgrund der Umstellung auf kommunale Versorgung der Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, und dass es weniger einschränkend sei, jemanden zwangsweise auf kommunaler Ebene zu behandeln, als ihn wiederholt ins Krankenhaus einzuweisen. Sie behaupten auch, dass dieser Ansatz wirksam sei, um Stabilität in das Leben von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen zu bringen. Gegner der ambulanten Zwangsbehandlung fürchten, dass Behandlung und Unterstützung ersetzt wird durch einen stärkeren Fokus auf Kontrolle, Zwang und Einschüchterung. Auch besteht die Befürchtung, dass ambulante Zwangsbehandlung die Beziehung zwischen Fachpersonen im Gesundheitswesen und Patienten untergraben könnte, zu einem Gefühl des Misstrauens und Kontrolle führt, was Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen dazu bringen könnte, medizinische Einrichtungen zu meiden.
Da der Einsatz solcher Methoden, die Menschen dazu zwingen, regelmäßig bei psychiatrischen Versorgungseinrichtungen vorstellig zu werden und sich behandeln zu lassen, während sie zuhause leben, weitverbreitet ist, ist es wichtig, den Nutzen, die Wirksamkeit und die möglichen Gefahren von ambulanten Zwangsbehandlungen abzuschätzen.
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Dieser Review basiert auf Recherchen, die 2012 und 2013 durchgeführt und 2016 aktualisiert wurden.
Studienmerkmale
Dieser Review umfasst nun drei Studien mit 749 Menschen. Die Nachbeobachtung in einer Studie betrug 36 Monate. Zwei dieser Studien verglichen verschiedene Formen der ambulanten Zwangsbehandlung mit Standardversorgung oder freiwilliger Versorgung und die dritte Studie verglich eine Form der ambulanten Zwangsbehandlung mit der Bezeichnung „community treatment order“ mit betreuter Entlassung.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studien zeigten insgesamt, dass ambulante Zwangsbehandlung nicht zu einer Verbesserung der Inanspruchnahme von Versorgung, der sozialen Funktionsfähigkeit, des psychischen Zustandes oder der Lebensqualität führte im Vergleich zur "freiwilligen" Standardversorgung. Probanden aus der Studie, die ambulante Zwangsbehandlung erhielten, wurden seltener Opfer von Gewaltverbrechen oder anderen Verbrechen. Freigänge mit kurzen Zeiträumen sind möglicherweise genauso wirksam (oder unwirksam) wie ambulante Zwangsbehandlung.
Schlussfolgerungen
Es standen sehr wenige Informationen zur Verfügung, alle Ergebnisse beruhten auf drei relativ kleinen Studien mit niedriger oder moderater Qualität, so dass es schwierig ist, eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Weitere Forschung über die Auswirkungen der verschiedenen Arten von ambulanter Zwangsbehandlung sind dringend erforderlich.
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