Worum geht es?
Eine Frühgeburt, d.h. die Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche, ist eine der häufigsten Todesursachen für Neugeborene und kann zudem für die überlebenden Kinder langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben. Es gibt viele Möglichkeiten, mit denen Gesundheitsfachpersonen versuchen, Frauen dabei zu helfen, eine Frühgeburt zu verhindern. So wird schwangeren Frauen beispielsweise empfohlen, Vitaminpräparate einzunehmen, weniger zu rauchen, Medikamente gegen Infektionen einzunehmen oder regelmäßig zur Schwangerschaftsvorsorge zu gehen. Unser Überblick betrachtet unterschiedliche Möglichkeiten (oder Interventionen) zur Verhinderung von Frühgeburten. Wir durchsuchten die Cochrane Library am 2. November 2017 nach relevanten Reviews.
Warum ist das wichtig?
Frühgeburten sind verheerend und teuer für Frauen, Familien und Gesundheitssysteme. Unser Ziel war es, relevante Informationen für schwangere Frauen, Gesundheitsfachpersonen und Wissenschaftler zusammenzufassen.
Welche Evidenz fanden wir?
Wir schlossen 83 systematische Reviews mit Evidenz zu der Frage ein, ob die Intervention in der Lage war, die Wahrscheinlichkeit von schwangeren Frauen, eine Frühgeburt zu erleiden oder die Wahrscheinlichkeit des Todes des Kindes verringert. Insgesamt 70 dieser Reviews enthalten Informationen zu Frühgeburten. Die gefundene Evidenz teilten wir in folgende Kategorien ein: klarer Nutzen oder Schaden; keine Wirkung; möglicher Nutzen oder Schaden; oder unbekannte Auswirkungen.
Endpunkt: Frühgeburt
Klarer Nutzen
Wir waren zuversichtlich, dass die folgenden Interventionen bestimmten Gruppen schwangerer Frauen dabei helfen können, eine Frühgeburt zu vermeiden: hebammengeleitete, kontinuierliche Betreuung im Vergleich zu anderen Versorgungsmodellen für alle Frauen; Screening-Untersuchung auf Infektionen des unteren Genitaltrakts; und Nahrungsergänzung mit Zink für Frauen ohne systemische Erkrankungen. Die Zervixcerclage (der operative Verschluss des Gebärmutterhalses zur Verhinderung einer Frühgeburte) zeigte nur einen Nutzen bei Frauen mit einem hohen Risiko für eine Frühgeburt und einer Einlingsschwangerschaft.
Klarer Schaden
Wir fanden keine Intervention, durch die die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt erhöht wird.
Möglicher Nutzen
Die folgenden Interventionen helfen bestimmten Gruppen schwangerer Frauen möglicherweise, eine Frühgeburt zu vermeiden, wir haben jedoch weniger Vertrauen in diese Ergebnisse: Schwangerenvorsorge in Gruppen für alle Frauen; Antibiotika für schwangere Frauen mit symptomfreien Harnwegsinfektionen; medikamentöse Interventionen für den Rauchstopp; und Vitamin-D-Ergänzungen als alleiniges Präparat für Frauen ohne gesundheitliche Probleme.
Möglicher Schaden
Wir fanden zwei Interventionen, die die Situation für einige der schwangeren Frauen verschlechtert haben könnten: intramuskulär verabreichtes Progesteron bei Frauen mit einem hohen Risiko für eine Frühgeburt und einer Mehrlingsschwangerschaft; und die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten in Kombination mit Kalzium und anderen Mineralstoffen bei Frauen ohne gesundheitliche Probleme.
Endpunkt: Perinataler Tod
Klarer Nutzen
Wir hatten Vertrauen in die Evidenz für hebammengeleitete Kontinuitätsmodelle der Betreuung aller schwangeren Frauen, sowie für Doppler-Ultraschall von Fetus und Nabelschnur bei Frauen mit Hochrisikoschwangerschaften. Diese Interventionen scheinen die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Frauen den Tod ihres Babys erleben.
Klarer Schaden
Wir fanden keine Intervention, die die Wahrscheinlichkeit für den Tod des Kindes erhöhte.
Möglicher Nutzen
Wir ermittelten, dass eine Zervixcerclage Frauen mit einer Einlingsschwangerschaft und einem hohen Risiko für eine Frühgeburt wahrscheinlich helfen kann.
Möglicher Schaden
Ein Review berichtete, dass weniger Termine zur Schwangerenvorsorge schädlich sein könnten – sogar bei Frauen mit niedrigem Risiko für Schwangerschaftskomplikationen. Die in diesem Review untersuchten schwangeren Frauen erhielten bereits eine begrenzte Schwangerschaftsvorsorge.
Endpunkte: Frühgeburt und perinataler Tod
Unbekannte Auswirkungen
Bei schwangeren Frauen mit einem hohen Risiko für eine Frühgeburt aus jeglichem Grund – einschließlich Mehrlingsschwangerschaften – konnte für die Wehenaufzeichnung zu Hause war der Nutzen oder Schaden unklar. Bei Frauen mit Hochrisiko- und Mehrlingsschwangerschaften konnten: Bettruhe, vorbeugende orale (über den Mund) Einnahme von Betamimetika (wehenhemmenden Medikamenten), vaginal verabreichtes Progesteron oder eine Zervixcerclage war der Nutzen oder Schaden unklar.
Was bedeutet dies?
Die Cochrane Library enthält wertvolle Informationen für Frauen, Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Wissenschaftler, die an der Verhinderung von Frühgeburten interessiert sind. Wir fassten die Ergebnisse von systematischen Reviews zusammen, um darzustellen, wie gut sich verschiedene Strategien zur Vermeidung von Frühgeburten und dem Tod des Kindes eignen. Wir präsentieren unsere Informationen übersichtlich und mit grafischen Markierungen, um darzustellen, welches Vertrauen wir in die Ergebnisse hatten und um die Leser auf erfolgversprechende Behandlungen für bestimmte Gruppen schwangerer Frauen aufmerksam zu machen.
Bei der Erstellung unserer Übersicht fanden wir in der Cochrane Library keine aktuellen Informationen zu den wichtigen Behandlungen Zervixpessar, vaginal verabreichtes Progesteron oder der Zervixmessung mittels Ultraschall. Wir fanden zudem keine Evidenz von hoher Qualität für Frauen mit einem hohem Risiko für eine Frühgeburt aufgrund einer Mehrlingsschwangerschaft. Es bleibt wichtig, dass schwangere Frauen und ihre Betreuenden in jedem Fall sorgfältig überprüfen sollten, ob eine bestimmte Methode zur Vermeidung einer Frühgeburt bei einzelnen Frauen oder einer bestimmten Gruppe von Frauen von Nutzen ist.
J. Bühler und C. Loytved, freigegeben durch Cochrane Deutschland