Hintergrund
Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist eine schnell wachsende Krebserkrankung des Lymphgefäßsystems - einem wichtigen Teil des Immunsystems. Die Erkrankung betrifft Blutzellen, die Antikörper zur Bekämpfung von Infektionen produzieren.
DLBCL ist potenziell heilbar. Die meisten Menschen mit DLBCL sprechen gut auf erste Therapien wie die Chemotherapie an. Bei manchen Menschen wird die Krankheit refraktär, d. h. sie spricht nicht mehr auf die Behandlung an, oder es kommt zu einem Rückfall, d. h. sie kehrt nach der Behandlung zurück. Als Zweitlinienbehandlung können Menschen mit DLBCL eine Chemotherapie zusammen mit einer Stammzelltransplantation erhalten, aber nicht alle Menschen kommen für diese Therapie in Frage. Von denjenigen, die in Frage kommen, erleiden etwa 50% nach der Behandlung einen Rückfall. Menschen, die einen Rückfall erleiden oder die auf fortgeschrittene Therapieregime nicht mehr ansprechen, und Menschen, die nicht für eine Stammzelltransplantation in Frage kommen, haben eine sehr schlechte Prognose: Nur die Hälfte von ihnen überlebt länger als sechs bis 12 Monate.
Eine vielversprechende Behandlung für diese Menschen ist die "Chimäre Antigenrezeptor"-Therapie (CAR), bei der körpereigene Immunzellen (T-Zellen) zur Bekämpfung des DLBCL eingesetzt werden. T-Zellen werden aus dem Blut der betroffenen Person entnommen und im Labor mit sogenannten "Chimären Antigenrezeptoren" (CARs) ausgestattet, welche dabei helfen, die Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Anschließend werden die veränderten CAR T-Zellen der erkrankten Person wieder in ihr Blut zurückgegeben.
Was war unser Ziel?
Wir wollten untersuchen, ob CAR-T-Zellen eine wirksame Behandlung für Menschen mit DLBCL sind, die nach einer Behandlung einen Rückfall haben oder nicht mehr auf die Behandlung ansprechen (refraktär sind). Außerdem wollten wir die Anzahl unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit der CAR-T-Zelltherapie untersuchen.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach allen verfügbaren klinischen Studien zur CAR-T-Zell-Therapie bei Patient*innen mit rezidiviertem oder refraktärem DLBCL, um die aktuelle Evidenz zusammenzufassen. Wir bewerteten auch das Verzerrungsrisiko in den eingeschlossenen Studien und unser Vertrauen in die Evidenz.
Was haben wir gefunden?
Wir fanden 13 Studien mit 679 Teilnehmenden, die bereits mehrere vorherige Therapielinien erhalten hatten und die eine CAR-T-Zelltherapie erhielten. In keiner der Studien gab es eine Kontrollgruppe. Das bedeutet, dass die CAR-T-Zelltherapie nicht mit einer anderen Behandlung verglichen wurde. Wir verzichteten auf eine Metaanalyse der Studienergebnisse und stellten alle Ergebnisse narrativ dar. Wir fanden 38 laufende Studien.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
Acht Studien mit 567 Teilnehmenden untersuchten das Gesamtüberleben. Nach 12 Monaten waren in vier Studien noch etwa die Hälfte der Teilnehmenden am Leben. In einer Studie lebten nach 24 Monaten noch etwa die Hälfte der Teilnehmenden. Die Evidenz zu den Auswirkungen einer CAR-T-Zelltherapie auf das Überleben ist sehr unsicher.
Zwei Studien (294 Teilnehmende zu Beginn der Studie; 59 Teilnehmende am Ende der Studie) berichteten, dass sich die Lebensqualität im Laufe der Zeit verbesserte. Die Evidenz zu den Auswirkungen einer CAR-T-Zelltherapie auf die Lebensqualität ist sehr unsicher.
Über Todesfälle im Zusammenhang mit der Therapie wurde nicht berichtet.
Fünf Studien (550 Teilnehmende) berichteten über unerwünschte Ereignisse. Fast alle Teilnehmende (99% bis 100%) erlebten irgendeine Art von unerwünschtem Ereignis (einschließlich leichtgradiger Ereignisse). Zwischen 68% und 98% der Teilnehmenden erlitten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. Eine CAR-T-Zelltherapie kann das Risiko für unerwünschte Ereignisse möglicherweise erhöhen, aber die Erkenntnisse zum genauen Ausmaß der Risikoerhöhung sind sehr unsicher.
In drei Studien (253 Teilnehmende) traten bei 56% bis 68% der Teilnehmenden schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf, während in einer Studie (28 Teilnehmende) keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auftraten. Eine CAR-T-Zelltherapie kann das Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse möglicherweise erhöhen, aber die Erkenntnisse zum genauen Ausmaß der Risikoerhöhung sind sehr unsicher.
Elf Studien (675 Teilnehmende) berichteten über die Anzahl des "Zytokin-Freisetzungssyndroms" (cytokine release syndrome, CRS), einer Überreaktion des Immunsystems, die typischerweise bei der CAR-T-Zelltherapie auftritt. Sie geht mit Fieber einher und kann Symptome wie Schüttelfrost, Muskelschmerzen oder Schwindel mit sich bringen. In den Studien wurden mehrere Skalen zur Beschreibung des CRS verwendet. In fünf Studien, die dieselbe Skala verwendeten, hatten zwischen 42% und 100% der Teilnehmenden CRS. Eine CAR-T-Zelltherapie kann das CRS-Risiko möglicherweise erhöhen, aber die Erkenntnisse zum genauen Ausmaß der Risikoerhöhung sind sehr unsicher.
Neun Studien (575 Teilnehmende) berichteten, wann das DLBCL wiederkehrte oder fortschritt (sich verschlechterte). Vier Studien berichteten, dass das DLBCL nach 12 Monaten bei 44% bis 75% der Teilnehmenden nicht weiter fortgeschritten war. In einer Studie hatten 64% der Teilnehmenden sowohl nach 12 als auch nach 18 Monaten keinen Rückfall. Die Evidenz zu den Auswirkungen einer CAR-T-Zelltherapie auf das Wiederkehren oder das Fortschreiten einer DLBCL ist sehr unsicher.
Dreizehn Studien (620 Teilnehmende) gaben an, bei wie vielen Teilnehmenden ein vollständiges Ansprechen (alle Anzeichen von Krebs verschwunden) erreicht wurde. In drei Studien hatten zwischen 40% und 45% der Teilnehmenden nach sechs Monaten ein vollständiges Ansprechen. Die Evidenz zu den Auswirkungen einer CAR-T-Zelltherapie auf das vollständige Ansprechen ist sehr unsicher.
Was bedeutet das?
Die Erkenntnisse zu den Auswirkungen einer CAR-T-Zelltherapie bei der Behandlung von wiederkehrendem oder refraktärem DLBCL sind sehr unsicher. Das liegt vor allem daran, dass es derzeit keine direkten Vergleiche einer CAR-T-Zelltherapie mit anderen Behandlungen gibt. Bei Menschen, die CAR-T-Zellen erhalten, können schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten, die eine zusätzliche Behandlung erfordern. Wir fanden viele laufende Studien, von denen einige eine CAR-T-Zelltherapie mit der Standardbehandlung vergleichen. Wir werden die Evidenz zu dieser neuen Therapie weiter auswerten.
Wie aktuell ist dieser Review?
Die Evidenz ist auf dem Stand von September 2020.
B. Schindler, C. Iannizzi, freigegeben durch Cochrane Deutschland