Wie kann die Resilienz und das psychische Wohlbefinden von Fachkräften im Gesundheitswesen an vorderster Front während und nach einer Pandemie am besten unterstützt werden?

Was ist “Resilienz“?

Während einer globalen Pandemie wie COVID-19 an „vorderster Front“ im Gesundheits- oder Sozialwesen zu arbeiten, kann sehr stressig sein. Im Laufe der Zeit können die negativen Auswirkungen von Stress zu psychischen Gesundheitsproblemen wie Depressionen und Angstzuständen führen, die sich wiederum auf die Arbeit, die Familie und andere soziale Beziehungen auswirken können. “Resilienz" ist die Fähigkeit, die negativen Folgen von Stress zu bewältigen und hierüber psychischen Gesundheitsproblemen und deren weitreichende Auswirkungen vorzubeugen.

Gesundheitsdienstleister können verschiedene Strategien (Interventionen) nutzen, um die Resilienz und das psychische Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter an vorderster Front zu stärken. Diese könnten arbeitsbezogene Interventionen umfassen, wie z.B. die Änderung von Routinen, die Verbesserung der Ausrüstung oder psychologische Unterstützungsmaßnahmen wie z.B. Beratungsdienste.

Was wollten wir herausfinden?

Erstens (Ziel 1) wollten wir wissen, wie erfolgreich jegliche Interventionen die Resilienz oder das psychische Wohlbefinden von Fachkräften im Gesundheitswesen an vorderster Front verbessern.

Zweitens (Ziel 2) wollten wir wissen, was die Durchführung dieser Interventionen erleichtert oder erschwert (erleichternde oder erschwerende Faktoren).

Wie gingen wir vor?

Wir durchsuchten medizinische Datenbanken nach jeglicher Art von Studie, in denen Interventionen zur Unterstützung der Resilienz und des psychischen Wohlbefindens von medizinischen Fachkräften, die bei Ausbrüchen von Infektionskrankheiten an vorderster Front arbeiten, untersucht wurden. Die Krankheitsausbrüche mussten von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Epidemien oder Pandemien eingestuft worden sein und nach 2002 stattgefunden haben (dem Jahr vor dem Ausbruch des schweren akuten respiratorischen Syndroms (SARS)).

Was haben wir herausgefunden?

Wir fanden 16 relevante Studien. Diese Studien stammten von verschiedenen Krankheitsausbrüchen - zwei von SARS; neun von Ebola; eine vom respiratorischen Syndrom des Nahen Ostens (MERS); und vier von COVID-19. Die Studien befassten sich hauptsächlich mit Interventionen am Arbeitsplatz, die entweder psychologische Unterstützung (z.B. Beratung oder Besuche bei einem Psychologen) oder arbeitsbezogene Interventionen (z.B. Schulung oder Änderung von Routinen) beinhalteten.

Ziel 1: In einer Studie wurde untersucht, wie gut eine Intervention funktioniert. Diese Studie wurde unmittelbar nach dem Ebola-Ausbruch durchgeführt und untersuchte, ob sich Mitarbeiter weniger „ausgebrannt“ fühlten, wenn sie dafür ausgebildet wurden, anderen Menschen (wie Patienten und ihren Familienangehörigen) "psychologische Erste Hilfe" zu leisten. Wir hatten einige Bedenken bezüglich der Ergebnisse, über die diese Studie berichtet, und bezüglich einiger ihrer Methoden. Das bedeutet, dass die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist und wir nicht sagen können, ob die Intervention geholfen hat oder nicht.

Ziel 2: Alle 16 Studien lieferten Evidenz zu Faktoren, die die Umsetzung der Interventionen erschweren oder erleichtern. Diese Studien lieferten uns 17 Hauptergebnisse. Wir haben kein großes Vertrauen in irgendeines der Ergebnisse; wir hatten moderates Vertrauen in sechs Ergebnisse und niedriges bis sehr niedriges Vertrauen in elf Ergebnisse.

Wir sind moderat zuversichtlich, dass die folgenden zwei Faktoren die Durchführung einer Intervention erschweren: Fachkräfte an vorderster Front oder die Organisationen, für welche sie arbeiteten, wussten nicht genau, was sie zur Unterstützung ihres psychischen Wohlbefindens brauchten. Außerdem fehlte es ihnen an Ausrüstung, Personal, Zeit oder Kompetenzen, die für eine Intervention erforderlich waren.

Wir sind moderat zuversichtlich, dass die folgenden drei Faktoren die Umsetzung einer Intervention erleichtert haben: Interventionen, die für einen Ortsbereich angepasst werden können; eine effektive Kommunikation, sowohl formell innerhalb einer Organisation als auch informell oder über soziale Netzwerke; und ein positives, sicheres und unterstützendes Lernumfeld für medizinische Fachkräfte an vorderster Front.

Wir sind moderat zuversichtlich, dass die Überzeugungen und das Wissen, das Fachkräfte im Gesundheitswesen an vorderster Front über eine Intervention haben, die Umsetzung der Intervention entweder erleichtern oder erschweren können.

Hauptaussagen

Wir haben keine Evidenz dazu gefunden, wie gut verschiedene Strategien zur Unterstützung der Resilienz und des psychischen Wohlbefindens von an vorderster Front Tätigen funktionieren. Wir fanden eingeschränkte Evidenz zu Faktoren, die zu einer erfolgreichen Durchführung von Interventionen beitragen könnten. Entsprechend geplante wissenschaftliche Studien, durch die herausgefunden werden soll, wie die Resilienz und das psychische Wohlbefinden von Fachkräften im Gesundheits- und Sozialwesen am besten unterstützt werden können, sind dringend erforderlich.

Wie aktuell ist dieser Review?

In diesen Review wurden Studien eingeschlossen, die bis zum 28. Mai 2020 veröffentlicht wurden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zelck, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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