Kernaussagen
- Wir wissen nicht, ob die Behandlung der Herzkranzgefäße (Blutgefäße des Herzens) vor großen gefäßchirurgischen Eingriffen (Operationen an den Blutgefäßen) einen Einfluss auf die Vorbeugung von akuten Herzinfarkten und Todesfällen während der Operation hat. Das Risiko eines Herzinfarktes wird langfristig möglicherweise reduziert, wobei die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz dazu sehr niedrig ist. Möglicherweise verringert sich die Dauer des Krankenhausaufenthalts geringfügig.
- Es sind weitere methodisch hochwertige Studien erforderlich, um zu ermitteln, welche Wirkungen eine Behandlung der Koronararterien zur Vorbeugung eines akuten Herzinfarkts bei Menschen hat, die sich einem größeren gefäßchirurgischen Eingriff unterziehen.
- Über unerwünschte Wirkungen (Schäden) im Zusammenhang mit den untersuchten Behandlungen wurde kaum berichtet.
Was ist ein postoperativer Myokardinfarkt?
Herzinfarkte sind eine ernstzunehmende Komplikation nach Operationen (postoperativer Myokardinfarkt). Bei großen Gefäßoperationen spielt diese Komplikation eine bedeutende Rolle. Der postoperative Myokardinfarkt ist die Hauptursache für Morbidität (Krankheit) und Mortalität (Tod) nach großen Gefäßoperationen. Die koronare Herzkrankheit ist eine Erkrankung, die die Blutgefäße des Herzens (Koronararterien oder Herzkranzgefäße) betrifft. Sie tritt auf, wenn diese Gefäße durch Ablagerungen, sogenannte Plaques, die in der Regel aus Cholesterin bestehen, verengt sind (dieser Zustand wird als Atherosklerose bezeichnet). Diese Krankheit ist die Hauptursache für einen Herzinfarkt, wenn die Verengung zu einem vollständigen Verschluss des Gefäßes führt. Die Atherosklerose könnte den Zusammenhang zwischen postoperativem Myokardinfarkt und großen Gefäßoperationen erklären, da sie für beides die häufigste Ursache ist.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob die Behandlung der Herzkranzgefäße vor großen Gefäßoperationen (präoperative Koronarinterventionen) postoperative Herzinfarkte verhindern kann. Bei Behandlungen der Koronararterien wird ein Katheter (ein dünner Schlauch) in eine Arterie, meist im Bein oder Arm, eingeführt (perkutane Koronarintervention) und bis zum Herzen vorgeschoben. Hier wird ein Farbstoff injiziert, um festzustellen, ob eine Verengung der Koronararterien vorliegt (Koronarangiographie). Wenn eine Verengung festgestellt wird, werden daraufhin Stents eingesetzt, um die Blutgefäße wieder zu öffnen und die Durchblutung wiederherzustellen (koronare Revaskularisation). Eine weitere Möglichkeit der koronaren Revaskularisation ist die koronare Bypass-Operation, ein chirurgischer Eingriff zur Überbrückung von Verstopfungen in den Koronararterien. Wir wollten wissen, ob die Identifizierung und Behandlung von Menschen mit schwerer koronarer Herzkrankheit vor einer Gefäßoperation dazu beiträgt, die Zahl der Herzinfarkte nach einer Gefäßoperation zu verringern.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen Gruppen verglichen wurden, von denen eine Gruppe vor einer großen Gefäßoperation eine präoperative Standardbehandlung (medizinische Behandlung oder Regelversorgung) erhielt, und die andere Gruppe zusätzlich dazu auch eine präoperative Behandlung der Koronararterien erhielt. Wir wollten wissen, ob es einen Unterschied zwischen den Gruppen in Bezug auf Herzinfarkte, Sterblichkeit oder unerwünschte Endpunkte gab. Wir verglichen diese Endpunkte zwischen den Studien, fassten unsere Ergebnisse zusammen und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz.
Was fanden wir?
Wir fanden drei Studien mit 1144 Teilnehmenden. In den Studien wurde die Behandlung durch Standardversorgung (z. B. Statine, ACE-Hemmer und Plättchenhemmer) vor einem gefäßchirurgischen Eingriff verglichen mit der Behandlung durch Standardversorgung plus entweder eine Koronarangiographie oder eine koronare Revaskularisation oder beides. Die Studien wählten ihre Teilnehmenden nach unterschiedlichen Kriterien aus, z. B. nur Personen mit einem hohen Risiko für eine koronare Herzkrankheit oder auch Personen mit einem geringen Risiko. Wir konnten die Daten einer Studie in unsere Zusammenfassung nicht einbeziehen, da eine große Anzahl von Teilnehmenden in der Gruppe, die nur die Standardversorgung erhalten sollte, ebenfalls eine Koronarintervention erhielt.
Wir fanden heraus, dass die Behandlung der Koronararterien vor einer Gefäßoperation die langfristige Rate der Herzinfarkte möglicherweise senkten kann, wobei die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz dazu sehr niedrig ist. Darüber hinaus könnte die Behandlung möglicherweise die Dauer des Krankenhausaufenthalts im Vergleich zur Standardversorgung leicht verkürzen. Bei der kurz- und langfristigen Sterblichkeit sowie bei der akuten Herzinfarktrate gibt es möglicherweise keinen Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen, wobei die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz dazu sehr niedrig ist. Keine der Studien berichtete über alle Endpunkte, an denen wir interessiert waren. Die Berichterstattung über unerwünschte Ereignisse in den Studien war unzureichend: Eine Studie verzeichnete keine Todesfälle infolge einer Koronarangiographie, während in den beiden anderen Studien fünf Todesfälle im Zusammenhang mit einer koronaren Revaskularisation gemeldet wurden.
Was schränkt die Evidenz ein?
Wir haben wenig Vertrauen in die Ergebnisse, da die Teilnehmenden und Forschenden wussten, welchen Gruppen die Teilnehmenden zugewiesen worden waren. Dies könnte die Ergebnisse beeinflusst haben. Darüber hinaus verwendeten die Studien unterschiedliche Kriterien für die Auswahl der Teilnehmenden und setzten unterschiedliche Studienmethoden ein. Dies erschwert einen Vergleich der Ergebnisse. Die Gesamtergebnisse deuten darauf hin, dass eine Behandlung der Herzkranzgefäße vor einer Gefäßoperation sowohl vorteilhafte als auch nachteilige Auswirkungen haben könnte. Keine der analysierten Studien lieferte Informationen über Patienten-Untergruppen, die möglicherweise einen größeren Nutzen aus den untersuchten Behandlungen ziehen könnten, wie Patienten mit veränderter ventrikulärer Ejektionsfraktion (Fähigkeit des Herzens, Blut zu pumpen).
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 13. März 2023.
M. Zeitler, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland