Epithelialer Eierstockkrebs ist weltweit die siebthäufigste Krebsart bei Frauen unter 65 Jahren und die häufigste Form von Eierstockkrebs (ca. 90 % aller Arten von Eierstockkrebs). Leider werden die meisten Frauen mit Eierstockkrebs erst in einem späten Stadium diagnostiziert, wenn sich die Krankheit bereits im gesamten Bauchraum ausgebreitet hat. Das hängt damit zusammen, dass die Symptome undeutlich sind und oftmals erst auftreten, wenn sich der Krebs bereits ausgebreitet hat. Als Symptomursache werden fälschlicherweise oft andere gutartige Erkrankungen diagnostiziert. In Europa sind nur etwas mehr als ein Drittel der Frauen, bei denen Eierstockkrebs diagnostiziert wurde, fünf Jahre nach der Diagnose am Leben.
Die konventionelle Behandlung von Eierstockkrebs umfasst eine Operation (Laparotomie), bei der Gebärmutter, Eierstöcke und Omentum - eine fetthaltige Struktur (Schürze), die vom Magen nach unten über den Darm im Oberbauch reicht - entfernt und Proben von den Lymphknoten in Becken und Bauch genommen werden. Das Ziel der Operation ist es, die Krankheit zu klassifizieren (zu bewerten, wohin sich der Krebs ausgebreitet hat) und so viel Tumormasse wie möglich zu entfernen (Debulking oder Zytoreduktion). Da die meisten Frauen jedoch sehr weit ausgebreitete Erkrankungen haben, ist die Operation als alleinige Behandlung nicht ausreichend und weitere Therapien, in Form von Chemotherapie, sind nötig. Chemotherapien bei Eierstockkrebs verwenden Platin-basierte Medikamente (Carboplatin und Cisplatin), um alle Krebszellen zu behandeln, die nicht durch eine Operation entfernt werden können oder zu klein sind, um gesehen zu werden (mikroskopische Krankheit).
Die Chemotherapie kann vor der Operation (neoadjuvante Chemotherapie) durchgeführt werden, mit dem Ziel, den Krebs zu schrumpfen und somit die Entfernung des gesamten Krebses zu erleichtern.
Dieser Review beinhaltet eine qualitativ hochwertige Studie über Frauen mit fortgeschrittenem Eierstockkrebs. Diese Studie verglich 336 Frauen, die zuerst Chemotherapie erhalten hatten, mit 334 Frauen, die zuerst operiert wurden. Sie fand keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungen in Bezug auf die Zeit bis zum Tod oder die Zeit bis zum Fortschreiten der Krankheit, was bedeutet, dass eine Chemotherapie vor der Operation eine ähnliche Auswirkung auf das Überleben hat wie die konventionelle Behandlung. Die Studie betrachtete nur Frauen mit Ovarialkarzinomen Stadium IIIc/IV. (Man spricht von Stadium IIIc, wenn der Tumor, der sich in den Bauchraum ausgebreitet hat, größer als 2cm ist.) Ein großer Teil der Frauen in der Studie hatte sehr großvolumige Tumoren. Deshalb bewerteten wir die Evidenz als von moderater Qualität und kamen zu dem Schluss, dass die neoadjuvante Chemotherapie eine sinnvolle Alternative zur operativen Erstbehandlung bei Frauen mit großvolumigen Tumoren Stadium IIIc/IV ist. Drei weitere Studien werden derzeit durchgeführt, was hoffentlich neue Erkenntnisse bringen wird, um zukünftig die klinische Praxis in diesem Bereich voranzutreiben.
M. Seel, freigegeben durch Cochrane Deutschland