Lokal- und Regionalanästhesie während Operationen zur Vorbeugung langfristig andauernder Schmerzen nach Operationen

Fragestellung

Wir wollten ermitteln, ob die Anwendung lokaler Anästhetika (örtlicher Betäubungsmittel) während Operationen das Risiko von Schmerzen, die drei Monate und länger nach den Operationen anhalten, verringert. Der Vergleich bestand in der alleinigen Gabe von schmerzstillenden Medikamenten wie Opioiden und nicht-steroidalen (nicht kortisonhaltigen) entzündungshemmenden Medikamenten.

Hintergrund

Lange andauernde Schmerzen nach Operationen werden als persistierende postoperative Schmerzen bezeichnet und sind nicht ungewöhnlich. Gewebeschäden und Nervenverletzungen können Schmerzbahnen und die Schmerzempfindlichkeit so verändern, dass Schmerzen über Monate andauern. Betroffene können Schmerzen auch intensiver oder durch einen Reiz empfinden, der normalerweise nicht als Schmerz wahrgenommen wird. Diese Veränderungen können beständig sein. Das Einbringen von Lokalanästhetika in die Nähe von Nerven, Nervenbündeln oder Nervenwurzeln im zentralen Nervensystem, wie bei einer Epiduralanästhesie, kann die Weiterleitung von Schmerzimpulsen aus dem Operationsgebiet in das zentrale Nervensystem unterbrechen. Eine wirksame Behandlung akuter Schmerzen kann anhaltende postoperative Schmerzen verhindern. Bei der Wundinfiltration wird ein spezieller Schlauch (Katheter) mit mehreren Löchern in die Wunde gelegt, um das Lokalanästhetikum zuzuführen.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand vom Dezember 2016. Wir fanden 63 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit Teilnehmern, die sich Operationen am offenen Brustkorb, an Herz, Brust, Bauch, Gefäßen, im gynäkologischen Bereich oder anderen Arten von Operationen, nicht jedoch orthopädischen Operationen, unterzogen. RCTs sind Studien, in denen die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von mehreren zu untersuchenden Behandlungen zugeteilt werden. Die Studien schlossen nur Erwachsene ein und wurden überwiegend in Europa und Nordamerika, einige in China, Ägypten und Brasilien, durchgeführt. Zu den Operationsarten gehörten Operationen mit einer hohen Rate anhaltender Schmerzen nach der Operation, wie Brustoperationen, Amputationen von Gliedmaßen und Operationen mit Öffnung des Brustkorbs, sowie Operationen mit einem geringeren Risiko, aber einer hohen Anzahl durchgeführter Eingriffe, wie beispielsweise Kaiserschnitte.

In unserer Analyse konnten wir die Ergebnisse von 39 RCTs mit insgesamt 3027 Teilnehmern statistisch (rechnerisch) zusammenfassen. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug bei 1293 Teilnehmern drei Monate, bei 1365 Teilnehmern sechs Monate, bei 326 Teilnehmern 12 Monate und bei 43 Teilnehmern 20 oder mehr Monate nach der Operation. In den RCTs wurden mit den Operationen und der Anästhesie zusammenhängende Komplikationen nicht einheitlich berichtet, und es waren hierzu nur wenige Informationen verfügbar. Die Studien wurden größtenteils von den Institutionen finanziert, in denen sie durchgeführt wurden.

Hauptergebnisse

Eine Regionalanästhesie verringerte die Anzahl der Patienten, die nach nicht-orthopädischen Operationen anhaltende Schmerzen hatten. Bei Operationen am offenen Brustkorb halbierte sich durch eine Epiduralanästhesie die Wahrscheinlichkeit (angegeben als „Odds“), dass Patienten drei bis 18 Monate nach der Operation anhaltende postoperative Schmerzen hatten (7 RCTs, 499 Teilnehmer, Evidenz von moderater Qualität). Sieben Patienten mussten auf diese Weise behandelt werden, damit einer davon profitierte.

Zur Vorbeugung anhaltender Schmerzen drei bis 12 Monate nach Brustkrebsoperationen mussten sieben Patienten eine Regionalanästhesie erhalten, damit einer davon profitieren konnte (18 RCTs, 1297 Teilnehmer, Evidenz von niedriger Qualität). Die Gabe einer örtlichen Betäubung über die Infusion in eine Vene verringerte nachweislich das Risiko anhaltender Schmerzen drei bis sechs Monate nach Brustoperationen (2 RCTs, 97 Teilnehmer, Evidenz von moderater Qualität), wobei drei Patienten behandelt werden mussten, damit einer von der Lokalanästhesie profitieren konnte. Eine Regionalanästhesie verringerte die Wahrscheinlichkeit für anhaltende Schmerzen nach einem Kaiserschnitt bei Frauen um mehr als die Hälfte (4 RCTs, 551 Teilnehmerinnen, Evidenz von moderater Qualität). Es mussten 19 Frauen behandelt werden, damit eine von der Regionalanästhesie profitieren konnte.

Die kontinuierliche Infusion eines Lokalanästhetikums in den Bereich, aus dem Knochengewebe aus dem Hüftknochen gewonnen wurde, konnte die Zahl der Patienten mit nach drei bis 55 Monaten anhaltenden Schmerzen nicht eindeutig verringern (3 RCTs, 123 Teilnehmer, Evidenz von niedriger Qualität).

Es war uns nicht möglich, die Evidenz für Amputationen von Gliedmaßen, Hernienverschlüsse, Herz- oder Bauchoperationen zusammenzufassen, weil sich die Art der Behandlung und der Berichterstattung der Ergebnisse unterschied.

Qualität der Evidenz

Wir fanden übereinstimmende Evidenz für die Anwendung von Regionalanästhesie bei Erwachsenen zur Vorbeugung anhaltender Schmerzen nach verschiedenen Arten von Operationen. Wir stellten jedoch Unterschiede bei der Effektgröße und zu verschiedenen Zeitpunkten nach den Operationen fest. Einige Studien konnten gegenüber der erhaltenen Behandlung nicht verblindet werden, und unsere Ergebnisse sind von der geringen Anzahl von Studien und Teilnehmern sowie dem vorzeitigen Ausscheiden von Teilnehmern aus der Nachbeobachtung beeinflusst. Die Evidenz war daher von niedriger oder moderater Qualität.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

K. Jones, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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