Kernaussagen
- Die Senkung des Blutdrucks bei Menschen mit Bluthochdruck (Hypertonie) bringt gesundheitliche Vorteile. Wir wissen jedoch nicht, wie stark der Blutdruck bei Menschen mit Bluthochdruck und chronischer Nierenerkrankung gesenkt werden sollte.
- Niedrigere Blutdruckzielwerte (intensive Blutdrucksenkung) reduzieren bei Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen wahrscheinlich weder Todesfälle noch schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Herz-Kreislauf-Ereignisse im Vergleich zu Standardzielwerten. Niedrigere Blutdruckzielwerte verringern möglicherweise weder die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Problemen noch verlangsamen sie die Verschlechterung der Nierenerkrankung.
Was ist eine chronische Nierenerkrankung?
Von einer chronischen Nierenerkrankung spricht man, wenn die Nieren dauerhaft geschädigt sind und das Blut nicht mehr ausreichend reinigen können. Eine chronische Nierenerkrankung kann sich mit der Zeit verschlechtern. Bei manchen Menschen versagen die Nieren irgendwann vollständig. Ein zu hoher Blutdruck ist nach Diabetes die zweithäufigste Ursache für eine chronische Nierenerkrankung.
Wie wird eine chronische Nierenerkrankung behandelt?
Menschen mit Bluthochdruck und chronischer Nierenerkrankung können zwar nicht vollständig geheilt werden, doch eine Senkung des Blutdrucks kann helfen, das Fortschreiten der Nierenerkrankung zu verlangsamen. Die optimalen Blutdruckzielwerte sind jedoch noch unklar.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob eine Senkung des Blutdrucks auf Werte unterhalb der Standardzielwerte im Vergleich zu den herkömmlichen Zielwerten effektiver ist, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das Fortschreiten von Nierenschäden und die Sterblichkeit bei Menschen mit Bluthochdruck und chronischer Nierenerkrankung zu verhindern.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, die den Nutzen und Schaden einer Blutdrucksenkung bei Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung untersuchten. Beim Blutdruck unterscheidet man zwei Werte, die stets zusammen angegeben werden, z. B. 120/80. Der erste Wert gibt den Druck in den Gefäßen an, wenn sich das Herz zusammenzieht (systolischer Blutdruck) und Blut in den Blutkreislauf pumpt. Der zweite Wert misst den Gefäßdruck, wenn der Herzmuskel erschlafft (diastolischer Blutdruck). Ein Zielwert von 130/80 mmHg oder weniger ("mmHg" ist die gebräuchliche Messeinheit für den Blutdruck) gilt bei Menschen mit Nierenerkrankungen und hohem Blutdruck als niedriger Blutdruckzielwert. Wir suchten Studien, die Personen mit niedrigeren Blutdruckzielwerten (≤130/80 mmHg) mit Personen verglichen, deren Blutdruck auf die Standardzielwerte (140 bis 160/90 bis 100 mmHg) eingestellt wurde.
Wir fassten die Ergebnisse der Studien zusammen, verglichen sie und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz.
Dieser Review erhielt keine Finanzierung.
Was fanden wir?
Wir fanden sechs Studien, an denen 7348 Menschen mit chronischer Nierenerkrankung und Bluthochdruck teilnahmen. Die größte Studie umfasste 4733 Personen, und die kleinste Studie 840 Personen. Die Teilnehmenden wurden über einen Zeitraum von einem Jahr bis zu acht Jahren beobachtet. Drei Studien wurden in den USA durchgeführt, eine in den USA und Kanada, eine in mehreren Ländern Amerikas sowie in Spanien und eine in Amerika, Europa und Südostasien. Drei Studien wurden mit öffentlichen Geldern finanziert, zwei durch private Mittel, und eine Studie wurde sowohl durch öffentliche als auch durch private Mittel gefördert.
Wir stellten fest, dass niedrigere Blutdruckzielwerte im Vergleich zu den Standardwerten wahrscheinlich nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf die Zahl der Betroffenen haben:
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die aufgrund jeglicher Ursache starben;
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die schwerwiegende unerwünschte Ereignisse erlitten;
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die ein Herz-Kreislaufereignis wie Schlaganfall und Herzinfarkt oder Gefäßprobleme hatten.
Niedrigere Zielwerte für den Blutdruck bewirken möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Unterschied bei der Zahl der Betroffenen:
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die aufgrund von Herzproblemen starben;
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deren Nierenerkrankung sich verschlimmerte.
Was schränkt die Evidenz ein?
Eine bedeutende Einschränkung der Evidenz liegt darin, dass in allen sechs Studien sowohl den Teilnehmenden als auch den Behandelnden bekannt war, welcher Gruppe die jeweiligen Patient*innen zugeordnet wurden. Außerdem lieferten die Studien nur sehr wenige Informationen über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. In allen Studien wurde der Blutdruck in ärztlichen Praxen gemessen. Die Ergebnisse könnten sich unterscheiden, wenn der Blutdruck in einer anderen Umgebung (z. B. zu Hause) gemessen wird.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 8. August 2023.
B. Schindler, M.Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland