Interventionen zur Steigerung des Brustkrebsbewusstseins bei Frauen

Reviewfrage
Wir untersuchten die Evidenz hinsichtlich der Wirkung von verschiedenen Interventionen zur Steigerung des Brustkrebsbewusstseins bei Frauen. Wir fanden zwei randomisiert kontrollierte Studien, die höchste Qualität von Forschungsevidenz.

Hintergrund
Brustkrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebsform bei Frauen. Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Brustkrebs sind ein Schlüssel für bessere Endpunkte. Da viele Frauen selbst Symptome an der Brust entdecken, ist es wichtig, dass sie ein Bewusstsein für Brustkrebs haben, was bedeutet, dass sie Wissen, Fertigkeiten und Vertrauen haben, jegliche Veränderungen bei der Brust zu erkennen und ihren Arzt unverzüglich aufsuchen.

Studieneigenschaften
Im Januar 2016 wurde eine Suche nach Studien durchgeführt, die Interventionen zum Brustkrebsbewusstsein bei Frauen untersuchten. Wir fanden zwei Studien mit insgesamt 997 Frauen.

Die Promoting Early Presentation (PEP) Studie, finanziert durch Breast Cancer UK, inkludierte 867 Frauen randomisiert zu drei Interventionen: (1) schriftliche Broschüre und Regelversorgung, (2) schriftliche Broschüre und Regelversorgung plus persönliche Gespräche mit einer Gesundheitsfachperson oder (3) Regelversorgung alleine. Die Frauen waren im Alter zwischen 67 und 70 Jahren und wurden über Brustkrebsscreening-Einrichtungen in Großbritannien in die Studie rekrutiert.

Die Zahedan University of Medical Sciences (ZUMS) Studie involvierte 130 Frauen, welche in zwei Gruppen randomisiert wurden und entweder (1) ein edukatives Programm, das schriftliche und mündliche Materialien nutzte, welches "präventive Brustkrebsverhaltensweisen" (z.B. gesunde Ernährung und positive Haltung gegenüber Selbstuntersuchungen der Brust) oder (2) keine Intervention erhielten. Die Frauen waren an der ZUMS angestellt und zwischen 35 und 39 Jahre alt.

Wesentliche Ergebnisse
Die Studienendpunkte wurden in den beiden Studien unterschiedlich gemessen. Die PEP Studie erhob Endpunkte nach einem Monat, einem Jahr und zwei Jahren nach der Intervention. Die ZUMS Studie erhob Endpunkte nach einem Monat nach der Intervention. Da die Studien sehr unterschiedlich hinsichtlich des Alters der Teilnehmerinnen, Interventionen, Endpunkte und Messzeitpunkte waren, werden die Ergebnisse separat berichtet.

Wissen über Brustkrebssymptome
In der PEP Studie: Das Wissen der Frauen über Brustkrebssymptome schien etwas verbessert, entweder nach Erhalt der schriftlichen Broschüre oder nach Erhalt der schriftlichen Broschüre plus verbaler Interaktion. Diese Ergebnisse verbesserten sich, wenn sie zwei Jahre nach der Intervention mit der Regelversorgung verglichen wurden. In der ZUMS Studie: Das Bewusstsein der Frauen hinsichtlich Brustkrebssymptomen verbesserte sich einen Monat nach dem edukativen Programm.

Wissen hinsichtlich des alters-bezogenen Risikos für Brustkrebs
In der PEP Studie: Zwei Jahre nach der Intervention verbesserte sich das Wissen hinsichtlich des alters-bezogenen Risikos bei Frauen, die eine schriftliche Broschüre erhielten und mit einer Gesundheitsfachperson interagierten verglichen mit Regelversorgung. Bei Frauen, die nur die Broschüre erhielten, gab es eine vergleichsweise geringere Zunahme des Wissens. In der ZUMS Studie: Diese Studie erhob nur, ob Frauen sich selbst einem Risiko ausgesetzt sahen, an Brustkrebs zu erkranken. Diese Selbstwahrnehmung des Risikos erhöhte sich einen Monat nach der Intervention.

Selbstberichtete Kontrolle der Brust
In der PEP Studie: Zwei Jahre nach der Intervention erhöhte sich die selbst-berichtete monatliche Brustkontrolle der Frauen verglichen mit der Regelversorgung, jedoch war diese Erhöhung nicht signifikant. In der ZUMS Studie: Die von den Frauen berichteten Verhaltensweisen zur Prävention von Brustkrebs erhöhten sich einen Monat nach der Intervention. Im Speziellen bezog sich das auf ihre positiven Gedanken hinsichtlich des Untersuchungsverhaltens der eigenen Brust.

Generelles Brustkrebsbewusstsein
In der PEP Studie: Zwei Jahre nach der Intervention veränderte sich das generelle Brustkrebsbewusstsein der Frauen nach Erhalt der Broschüre allein nicht, verglichen mit Regelversorgung. Allerdings stieg das Brustkrebsbewusstsein bei Frauen, die die schriftliche Broschüre erhielten und mit einer Gesundheitsfachperson interagierten. Diese Verhaltensveränderung war vergleichbar zur Regelversorgung zwei Jahre nach der Intervention. In der ZUMS Studie: Es wurde berichtet, dass sich Verhaltensweisen zur Prävention von Brustkrebs der Frauen nach einem Monat erhöhten.

Keine der Studien berichtete andere Bereiche des Brustbewusstseins, das Vorhaben Hilfe zu suchen, Lebensqualität, unerwünschte Wirkungen der Interventionen oder Brustkrebs-bezogene Endpunkte.

Qualität der Evidenz
Die Qualität der Evidenz wurde in der PEP Studie als moderat eingeschätzt und als niedrig in der ZUMS Studie. Keine der Studien definierte konkret "Brustkrebsbewusstsein". Das Fehlen von Studien mit hoher Qualität schränkte unsere Möglichkeit, Schlussfolgerungen zu ziehen, ein. Allerdings deuten die Ergebnisse der PEP Studie darauf hin, dass die Kombination von schriftlicher Information und persönlichen Gesprächen eine langfristige Auswirkung auf die Steigerung des Brustkrebsbewusstseins der Frauen hat. Zukünftig sollten Studien größere Stichproben aufweisen und Frauen über einen längeren Zeitraum nachbeobachten.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Basierend auf den Ergebnissen von zwei RCTs kann davon ausgegangen werden, dass eine kurze Intervention das Potential hat, das Brustkrebsbewusstsein von Frauen zu erhöhen. Allerdings sollten die Ergebnisse dieses Reviews mit Vorsicht interpretiert werden, da die GRADE Bewertung moderate Qualität der Evidenz in nur einer der beiden inkludierten Studien fand. Zusätzlich waren die inkludierten Studien heterogen in Bezug auf Interventionen, untersuchte Populationen und gemessene Endpunkte. Aus diesem Grund kann die derzeitige Evidenz nicht auf einen weiteren Kontext übertragen werden. Es bedarf weiterer Studien, welche größere Stichproben inkludieren, validierte Instrumente zur Endpunktmessung und Längsschnitt-Ansätze verwenden.

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Hintergrund: 

Brustkrebs bleibt weiterhin die am häufigsten diagnostizierte Krebsform bei Frauen weltweit. Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Brustkrebs sind der Schlüssel zu besseren Endpunkten. Da viele Frauen selbst Symptome an der Brust entdecken, ist es wichtig, dass sie ein Bewusstsein für Brustkrebs haben, was bedeutet, dass sie Wissen, Fertigkeiten und Vertrauen haben, jegliche Veränderungen bei der Brust zu erkennen und unverzüglich eine Gesundheitsfachperson aufsuchen.

Zielsetzungen: 

Die Wirksamkeit von Interventionen zur Erhöhung des Brustkrebsbewusstseins bei Frauen zu untersuchen.

Suchstrategie: 

Wir suchten im Cochrane Breast Cancer Group's Specialised Register (gesucht am 25. Januar 2016), im Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL; 2015, Issue 12), in der Cochrane Library (gesucht am 27. Januar 2016), MEDLINE OvidSP (2008 bis 27. Januar 2016), Embase (Embase.com, 2008 bis 27. Januar 2016), das Suchportal der World Health Organizations's International Clinical Trials Registry Platform (ICTRP) und ClinicalTrials.gov (gesucht am 27. Februar 2016). Wir durchsuchten ebenso Referenzlisten identifizierter Artikel und Reviews sowie graue Literatur hinsichtlich Tagungsberichten und publizierten Abstracts. Es erfolgte keine Restriktion hinsichtlich der Publikationssprache.

Auswahlkriterien: 

Es wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) eingeschlossen, die Interventionen zur Erhöhung des Brustkrebsbewusstseins der Frauen fokussierten, das bedeutet Wissen über mögliche Brustkrebssymptome/Veränderungen und Selbstvertrauen ihre Brust anzusehen und zu ertasten. Die Interventionen konnten in jeglicher Form angeboten werden, d.h. einzeln/ in Gruppen/ Massenmedienkampagne(n).

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Autoren wählen unabhängig voneinander Studien aus, extrahierten Daten und bewerteten das Risiko für Bias. Wir berichteten die Odds Ratio (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI) für dichotome Endpunkte und mittlere Differenzen (MD) und Standardabweichungen (SD) für kontinuierliche Endpunkte. Da es aufgrund der Heterogenität der eingeschlossenen Studien nicht möglich war, die Daten zu kombinieren, präsentieren wir eine narrative Synthese. Wir beurteilten die Qualität der Evidenz mit Hilfe der GRADE Methodik.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen zwei RCTs ein, die 997 Frauen involvierten: eine RCT (867 Frauen) randomisierte die Frauen entweder zu schriftlicher Broschüre und Regelversorgung (Interventionsgruppe 1), schriftlicher Broschüre und Regelversorgung plus verbale Interaktion mit einen Röntgenassistenten oder einem Psychologen (Interventionsgruppe 2) oder Regelversorgung allein (Kontrollgruppe); und die zweite RCT (130 Frauen) randomisierte Frauen zu entweder einem edukativen Programm (drei Sitzungen von 60 bis 90 Minuten) oder keiner Intervention (Kontrollgruppe).

Wissen über Brustkrebssymptome

In der ersten Studie erhöhte sich das Wissen über nicht-Knoten-bezogene Symptome in der Interventionsgruppe 1 verglichen mit der Kontrollgruppe zwei Jahren nach der Intervention, allerdings nicht signifikant (OR 1,1, 95% KI 0,7 bis 1,6, p=0,66, 449 Frauen, moderate Qualität der Evidenz). Ähnlich dazu erhöhte sich das Wissen über Symptome zwei Jahre nach der Intervention in der Interventionsgruppe 2 verglichen mit der Kontrollgruppe, allerdings nicht signifikant (OR 1,4, 95% KI 0,9 bis 2,1, p=0,11, 434 Frauen, moderate Qualität der Evidenz). In der zweiten Studie erhöhte sich das Bewusstsein der Frauen hinsichtlich Brustkrebssymptomen einen Monat nach der Intervention in der edukativen Gruppe (MD 3,45, SD 5,11, 65 Frauen, niedrige Qualität der Evidenz) verglichen mit der Kontrollgruppe (MD -0,68, SD 5,93, 65 Frauen, p<0,001), in der das Bewusstsein weniger wurde.

Wissen hinsichtlich Alters-bezogenem Risiko

In der ersten Studie erhöhte sich das Wissen hinsichtlich Alters-bezogenem Risiko, allerdings nicht signifikant, in der Interventionsgruppe 1 verglichen zur Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention (OR 1,8, 95% KI 0,9 bis 3,5; p<0,08, 447 Frauen, moderate Qualität der Evidenz). Das Wissen der Frauen hinsichtlich des Risikos erhöhte sich signifikant in der Interventionsgruppe 2 verglichen mit der Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention (OR 4,8, 95% KI 2,6 bis 9,0; p<0,001, 431 Frauen, moderate Qualität der Evidenz). In der zweiten Studie, erhöhte sich die empfundene Anfälligkeit (wie sehr sie sich selbst einem Risiko ausgesetzt fühlen) für Brustkrebs signifikant einen Monat nach der Intervention in der edukativen Gruppe (MD 1,31, SD 3,57, 65 Frauen, niedrige Qualität der Evidenz) verglichen mit der Kontrollgruppe (MD -0,55, SD 3,31, 65 Frauen; p=0,005), in der eine verminderte wahrgenommene Anfälligkeit bemerkt wurde.

Häufigkeit der Brustuntersuchung

In der ersten Studie konnten keine signifikante Veränderung zwischen der Interventionsgruppe 1 verglichen mit der Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention festgestellt werden (OR 1,1, 95% KI 0,8 bis 1,6; p=0,54, 457 Frauen; moderate Qualität der Evidenz). Die monatliche Brustuntersuchung erhöhte sich, allerdings nicht signifikant, in der Interventionsgruppe 2 verglichen zur Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention (OR 1,3, 95% KI 0,9 bis 1,9; p=0,14. 445 Frauen; moderate Qualität der Evidenz). In der zweiten Studie erhöhten sich die Verhaltensweisen zur Prävention von Brustkrebs signifikant einen Monat nach der Intervention in der edukativen Gruppe (MD 1,21, SD 2,54, 65 Frauen, niedrige Qualität der Evidenz) verglichen zur Kontrollgruppe (MD 0,15, SD 2,94, 65 Frauen, p<0,045).

Brustkrebsbewusstsein

Das gesamthafte Brustkrebsbewusstsein der Frauen veränderte sich nicht in der Interventionsgruppe 1 verglichen zur Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention (OR 1,8, 95% KI 0,6 bis 5,30; p=0,32, 435 Frauen; moderate Qualität der Evidenz) während das gesamthafte Bewusstsein in der Interventionsgruppe 2 verglichen zur Kontrollgruppe zwei Jahre nach der Intervention stieg (OR 8,1, 95% KI 2,7 bis 25,0; p<0,001; 420 Frauen, moderate Qualität der Evidenz). In der zweiten Studie gab es einen signifikanten Anstieg der Werte auf dem Health Belief Model (dieser inkludierte Konstrukte des Bewusstseins und der wahrgenommenen Anfälligkeit) ein Monat nach der Intervention in der edukativen Gruppe (Mean 1,21, SD 2,54; 65 Frauen) verglichen zur Kontrollgruppe (Mittel 0,15, SD 2,94; 65 Frauen; p=0,045).

Keine der Studien berichtete über Endpunkte, die in Verbindung stehen mit der Motivation der Frauen, ihre Brust zu untersuchen, das Vertrauen darauf, Hilfe zu suchen, Zeit von der Feststellung von Symptomen an der Brust bis zum Vorstellig werden, Absicht Hilfe zu suchen, Lebensqualität, unerwünschte Wirkungen von Interventionen, Brustkrebsstadien, Überlebensraten oder Brustkrebs-Mortalitätsraten.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Kobleder, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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