Kernaussagen
- Angehörige der Gesundheitsberufe sind verpflichtet, unerwartete und schädliche Reaktionen auf Arzneimittel zu melden. Diese Reaktionen werden als "unerwünschte Arzneimittelereignisse" bezeichnet. Dieser Begriff umfasst sowohl unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) als auch Medikationsfehler (ME).
- Eine Schulungsmaßnahme (gezielte Informationskampagne, persönlich oder telefonisch) erhöht möglicherweise in Kombination mit der Bereitstellung einer Erinnerungskarte und eines UAW-Meldeformulars die Zahl der eingereichten UAW-Meldungen erheblich.
- Die Verwendung eines standardisierten Entlassungsformulars, das zusätzliche Angaben zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs) enthält und deren Meldung erleichtert, erhöht möglicherweise die Zahl der eingereichten UAW-Meldungen geringfügig.
- Künftige Studien sollten den Nutzen (Erhöhung der Zahl korrekt gemeldeter unerwünschter Arzneimittelereignisse) und mögliche Nachteile (Anstieg der Zahl fälschlicherweise gemeldeter Ereignisse) jeder Maßnahme bewerten, die darauf abzielt, die Meldung unerwünschter Arzneimittelereignisse durch Angehörigen der Gesundheitsberufe zu fördern.
- Es müssen Maßnahmen entwickelt und bewertet werden, die speziell für den Einsatz in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen geeignet sind.
Was wollten wir herausfinden?
In diesem Cochrane Review wurde untersucht, ob Maßnahmen für Angehörige der Gesundheitsberufe dazu beitragen können, ihr Meldeverhalten bei unerwünschten Arzneimittelereignissen zu verbessern. Zu den unerwünschten Arzneimittelereignissen zählen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) und Medikationsfehler (ME).
Wie gingen wir vor?
Wir haben die Evidenz aus einer Reihe verschiedener Studientypen ausgewertet, um herauszufinden, ob Maßnahmen, die auf Angehörige der Gesundheitsberufe abzielen, die Zahl der von ihnen gemeldeten unerwünschten Arzneimittelereignisse erhöhen können. Wir verglichen die Gesamtzahl der Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe eingereicht wurden und sowohl Berichte über unerwünschte Wirkungen als auch Medikationsfehler umfassten. Wir interessierten uns auch für die Zahl der fälschlicherweise gemeldeten unerwünschten Arzneimittelereignisse. Zusätzlich zur Gesamtzahl der Berichte analysierten wir auch die Anzahl der Meldungen über unerwünschte Arzneimittelereignisse, die als schwerwiegend, hoch kausal (d. h. sehr wahrscheinlich durch das Medikament verursacht), unerwartet (d. h. bisher unbekannt) oder im Zusammenhang mit neu eingeführten Arzneimitteln (d. h. seit höchstens fünf Jahren im Einsatz) eingestuft wurden.
Was fanden wir?
Dieser Review umfasst 15 Studien (62 389 Teilnehmende), in denen die Auswirkungen verschiedener Maßnahmen verglichen wurden, die darauf abzielten, dass Angehörige der Gesundheitsberufe mehr unerwünschte Arzneimittelereignisse melden. Alle Studien wurden in Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt. In keiner der Studien wurde untersucht, ob diese Maßnahmen zu mehr Falschmeldungen von unerwünschten Arzneimittelereignissen führten.
Im Vergleich zur üblichen Praxis, die im Wesentlichen auf Spontanmeldungen und einigen Schulungen durch regionale Arzneimittelsicherheitsbehörden beruht, erhöht möglicherweise eine gezielte Schulungsmaßnahme zu den Hintergründen und Abläufen bei der Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAWs) sowie eine Erinnerung an die Inhalte der Schulung und die Bereitstellung eines Meldeformulars die Zahl der UAW-Meldungen durch Angehörige der Gesundheitsberufe.
Im Vergleich zur üblichen Praxis der spontanen Meldungen steigert möglicherweise die Verwendung eines standardisierten Entlassungsformulars mit zusätzlichen Angaben zum Zeitpunkt des Auftretens und zur Entwicklung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) die Anzahl der UAW-Meldungen geringfügig. Das getestete standardisierte Formular basierte auf dem System der „Diagnosis Related Groups“ zur Erfassung von Patientendiagnosen sowie der medizinischen und chirurgischen Verfahren, die während eines Krankenhausaufenthalts durchgeführt werden.
Die Wirksamkeit anderer Maßnahmen, die in den Studien getestet wurden, ist sehr unsicher. Diese umfassen:
- Versand von Informationsschreiben oder E-Mails an Allgemeinmediziner*innen und Pflegekräfte;
- Interventionen mit mehreren Aspekten, einschließlich finanzieller und nicht-finanzieller Anreize, Bußgelder, Schulungen und Erinnerungskarten;
- die Umsetzung staatlicher Vorschriften in Verbindung mit finanziellen Anreizen;
- Aufnahme von Formularen für die Meldung von UAW in die vierteljährlich erscheinenden Berichte und Rezeptblöcke;
- Bereitstellung eines Hyperlinks zum Meldeformular in den elektronischen Patientenakten der Krankenhäuser;
- Verbesserung des Meldeverfahrens durch Überarbeitung des webbasierten elektronischen Fehlermeldesystems;
- die Anwesenheit klinischer Pharmazeut*innen im Krankenhaus, die die aktive Identifizierung und Meldung unerwünschter Arzneimittelereignisse fördern.
Wie aktuell ist dieser Review?
Die Evidenz ist auf dem Stand von Oktober 2022.
A. Egger-Rainer, M. Fischill-Neudeck, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland