Kernaussage
Eine Intervention, durch die mehr Zeit im Freien verbracht wird, verringert möglicherweise geringfügig das Auftreten von Kurzsichtigkeit. Wir wissen jedoch nicht, ob solch eine Intervention das Fortschreiten einer Kurzsichtigkeit verringern kann.
Was ist Kurzsichtigkeit?
Kurzsichtigkeit oder Myopie ist eine Krankheit, bei der Menschen nahe Objekte klar sehen, entfernte Objekte jedoch verschwommen erscheinen. In den letzten Jahren hat sich die Kurzsichtigkeit weltweit zu einem großen Problem der öffentlichen Gesundheit entwickelt. Kurzsichtigkeit ist weltweit die Hauptursache für Sehschwäche. Außerdem nehmen mit zunehmender Kurzsichtigkeit auch andere Augenkrankheiten zu, die Sehschwäche verursachen. So bedeutet eine Zunahme der Kurzsichtigkeit auch eine Zunahme der Menschen mit geringer Sehschärfe (d. h. kleine Details können nicht mehr scharf gesehen werden). Daher ist es wichtig, das Auftreten und die Verschlechterung der Kurzsichtigkeit zu verhindern.
Was wollten wir herausfinden?
Forschungsarbeiten haben darauf hingedeutet, dass mehr Zeit im Freien eine Verschlechterung oder Entstehung von Kurzsichtigkeit verhindern könnte. Wir wollten herausfinden, ob Maßnahmen zur Erhöhung der im Freien verbrachten Zeit das Auftreten von Kurzsichtigkeit bei Kindern verhindern und ihr Fortschreiten verlangsamen können.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien, in denen Maßnahmen zur Erhöhung der im Freien verbrachten Zeit mit der üblichen Lebensweise von Kindern verglichen wurden. Dabei handelt es sich um klinische Studien, bei denen die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer Behandlungs- oder einer Kontrollgruppe zugeordnet werden. Diese sind dafür bekannt, die zuverlässigsten Ergebnisse über die Wirksamkeit einer Behandlung zu liefern. Wir verglichen die Ergebnisse aus der Literatur und fassten die Ergebnisse zusammen. Wir bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz auf der Grundlage von Faktoren wie Studienmethoden, Stichprobengröße und Konstanz der Ergebnisse zwischen den Studien.
Was fanden wir?
Fünf Studien erfüllten die Kriterien. Die Gesamtzahl der Teilnehmenden betrug 10.733. Vier dieser Studien befassten sich mit schulischen Maßnahmen, die die Kinder dazu anregen sollten, mehr Zeit im Freien zu verbringen. Die Schulen wurden so ausgewählt, dass sie in Bezug auf Standort und Bildungsniveau möglichst ausgewogen waren. Jede Schule wurde nach dem Zufallsprinzip entweder der Interventions- oder der Kontrollgruppe zugewiesen. Die Maßnahmen umfassten Unterrichtsstunden und das routinemäßige Verbringen von Pausen im Freien, Motivationshilfen für den Aufenthalt im Freien und eine Ermutigung durch Nachrichten über elektronische Medien.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass Maßnahmen zur Erhöhung der Zeit im Freien, das Auftreten von Kurzsichtigkeit möglicherweise geringfügig verringern. Obwohl die Ergebnisse zeigten, dass die Maßnahmen auch das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit möglicherweise verlangsamen können, war die Vertrauenswürdigkeit dieser Ergebnisse gering. Für die Analyse wurde das Auftreten von Kurzsichtigkeit als die Inzidenz der Kurzsichtigkeit (d.h. die Häufigkeit des Neuauftretens) definiert. Das Fortschreiten der Myopie wurde als Veränderung des Brechungsfehlers (z. B. durch einen anormal geformten Augapfel, der verhindert, dass das einfallende Licht richtig fokussiert auf die Netzhaut auftrifft, um ein klares Bild zu erzeugen) und der Achsenlängen (der Abstand zwischen dem vorderen und hinteren Teil des Auges) festgelegt.
Was schränkt die Evidenz ein?
In den Studien dieses Reviews wurden die Kinder in den Interventions- und Kontrollgruppen über unterschiedliche Zeiträume hinweg beobachtet. Die meisten Schüler waren in der ersten und zweiten Grundschulklasse der Grundschule. Deshalb ist unklar, ob die Ergebnisse auch für jüngere oder ältere Kinder gelten. Darüber hinaus wurden alle Studien in China und Taiwan durchgeführt. Somit ist nicht sicher, ob die Ergebnisse direkt auf andere Länder übertragbar sind.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die vorliegende Evidenz ist auf dem Stand von August 2022.
M. Zeitler, F. Halter, freigegeben durch Cochrane Deutschland