Was sind die Vor- und Nachteile einer Patientennavigation für Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten?

Kernaussagen

- Wir wissen nicht, welche Wirkungen Patientennavigator-Programme im Vergleich zur üblichen Versorgung auf die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen, die ihrer Familien sowie auf die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten oder Notaufnahmen haben. Ebenso ist unklar, wie sich diese Programme auf verpasste Tage in Schule, Kindertagesbetreuung oder Hochschule sowie auf die damit verbundenen Kosten auswirken.

- Derzeit fehlt es an Evidenz, um die Wirkungen von Patientennavigator-Programmen auf Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten zu bestimmen; weitere gut konzipierte Studien werden benötigt.

Worum geht es?

Die Belastung durch chronische (dauerhaften) Krankheiten nimmt bei Kindern und Jugendlichen weltweit zu. Chronische Krankheiten beeinflussen alle Bereiche des Wohlbefindens eines Kindes: Sie betreffen nicht nur das körperliche Wachstum und die Entwicklung, sondern auch das Erreichen wichtiger Meilensteine. Zudem wirken sie sich auf die Fähigkeit des Kindes aus, zu lernen, sich Dinge zu merken und Informationen anzuwenden. Ebenso beeinflussen sie, wie gut das Kind seine Emotionen wahrnehmen, steuern und kontrollieren kann. Dies kann sich bis ins Erwachsenenleben fortsetzen. Ein chronisch krankes Kind beeinflusst das Leben der gesamten Familie erheblich.

Die Gesundheitssysteme suchen nach neuen, kosteneffizienten Ansätzen, um die gesundheitlichen Ergebnisse von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen zu verbessern. Eine dieser Möglichkeiten ist der Einsatz von Patientennavigatoren.

Was sind Patientennavigatoren?

Patientennavigatoren sind Fachkräfte mit medizinischem oder nicht-medizinischem Hintergrund, die Patient*innen und ihre Familien durch komplexe medizinische Systeme begleiten. Sie unterstützen bei der Koordination der Versorgung, bieten Schulungen an und setzen sich als Fürsprecher für die Anliegen der Patient*innen und ihrer Angehörigen ein. Es hat sich gezeigt, dass Patientennavigatoren Erwachsene während ihres gesamten Weges im Gesundheitssystem unterstützen und begleiten können. Ihr Nutzen für Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten ist jedoch unbekannt.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten wissen, ob Patientennavigatoren für Kinder und Jugendliche mit chronischen Krankheiten im Vergleich zur üblichen Versorgung (also der üblichen Routineversorgung zur Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten) Vorteile bieten.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die den Einsatz von Patientennavigatoren im Vergleich zur üblichen Versorgung untersuchen, um herauszufinden, ob sie das Leben von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Krankheiten positiv beeinflussen.

Was fanden wir?

Wir identifizierten 17 Studien, die insgesamt 2895 Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Erkrankungen umfassten. Dazu gehörten Asthma (eine häufige Lungenerkrankung, die zu Atembeschwerden führt), Typ-1-Diabetes mellitus (eine Stoffwechselkrankheit, die zu erhöhtem Blutzuckerspiegel führt), Sichelzellenanämie (eine Erkrankung, die die Form und Funktion der roten Blutkörperchen beeinträchtigt), komplexe medizinische Bedürfnisse sowie Gesundheitsprobleme, die durch eine Frühgeburt verursacht wurden. Die Studien wiesen erhebliche Unterschiede in der Dauer, Art und Häufigkeit der Patientennavigator-Programme sowie in der Dauer der Nachverfolgung auf, was den Vergleich der Ergebnisse erschwerte.

Die Evidenz ist sehr unsicher, in Bezug auf die Auswirkungen von Patientennavigator-Programmen im Vergleich zur üblichen Versorgung. Dies betrifft die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen sowie ihrer Betreuenden, die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten und Notaufnahmen, die Zahl der versäumten Tage in Schule, Kindertagesbetreuung oder Hochschule und die Nutzung von Gesundheitseinrichtungen und -ressourcen.

Was schränkt die Evidenz ein?

Unser Vertrauen in die Aussagekraft der Evidenz ist sehr gering, weil die Studien methodische Mängel aufwiesen, nicht alle relevanten Daten für alle interessierenden Aspekte bereitstellten und unterschiedliche Methoden zur Messung der Ergebnisse verwendet wurden.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 20. Januar 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Fischill-Neudeck, N.-E. Denninger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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