Kernaussagen
Die pränatale Ultraschalluntersuchung wird üblicherweise im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel eingesetzt, um mögliche Probleme mit dem sich entwickelnden Ungeborenen (Fötus) zu erkennen. Wir untersuchten 87 Studien mit über 7 Millionen Föten. Während sowohl die Erst- als auch die Zweit-Trimester-Ultraschalluntersuchungen eine normale Entwicklung gut bestätigen (hohe Spezifität), ist ihre Fähigkeit, Probleme zu erkennen (Sensitivität), unterschiedlich. Bei Frauen, bei denen beide Ultraschalluntersuchungen durchgeführt wurden, schienen mehr Fehlbildungen vor der 24. Woche entdeckt zu werden als bei Frauen, die nur im zweiten Trimester eine Ultraschalluntersuchung machten. Die Unterschiede könnten jedoch auf Unterschieden im Studienaufbau statt auf einem tatsächlichen Unterschied bei der Erkennung beruhen.
Was sind Fehlbildungen des Fötus?
Fehlbildungen des Fötus betreffen Organe oder Körperteile des Ungeborenen, und können sich während der Schwangerschaft entwickeln. Diese Fehlbildungen können von schwerwiegenden, mit dem Leben unvereinbaren Problemen bis hin zu weniger erheblichen Problemen reichen, wovon einige als Teil des normalen Spektrums der Entwicklung angesehen werden können.
Wie werden Fehlbildungen des Fötus festgestellt?
Fehlbildungen des Fötus werden in erster Linie durch Ultraschalluntersuchung festgestellt, die mit Hilfe von Schallwellen genaue Bilder von den inneren Organen des Ungeborenen erzeugt. In den meisten Ländern wird während der Schwangerschaft eine Ultraschalluntersuchung zur Feststellung von Fehlbildungen des Fötus angeboten, in der Regel im Zweit-Trimester zwischen der 18. und 24. Schwangerschaftswoche. Einige Länder bieten auch eine Früh-Ultraschalluntersuchung an, um manche schwerwiegende Fehlbildungen in einem früheren Stadium zu erkennen. Diese Ultraschalluntersuchung wird in der Regel im ersten Trimester, in der 11. bis 14. Woche durchgeführt.
Was wollten wir herausfinden?
Ziel war es, herauszufinden, mit welcher Genauigkeit Ultraschalluntersuchungen im ersten und zweiten Trimester Fehlbildungen bei risikoarmen und unselektierten Schwangeren erkennen. Die Studie sollte auch die Genauigkeit von zwei verschiedenen Ansätzen vergleichen: ein einstufiger Ansatz der Früherkennung mit nur einer Ultraschalluntersuchung im zweiten Trimester, und ein zweistufiger Ansatz, bei dem Ultraschalluntersuchungen im ersten und zweiten Trimester durchgeführt werden.
Wie gingen wir vor?
Wir werteten 87 Studien aus, die über 7 Millionen Föten umfassen. Diese Studien konzentrierten sich auf risikoarme und unselektierte Schwangere, die sich im Rahmen der routinemäßigen Schwangerenvorsorge einer Ultraschalluntersuchung im ersten und/oder zweiten Trimester unterzogen hatten. Wir bewerteten die Qualität der Studien, und analysierten relevante Daten mit statistischen Methoden um die Genauigkeit der Ultraschalluntersuchungen zu beurteilen.
Was fanden wir?
Ein Erst-Trimester-Ultraschall zur Früherkennung diagnostiziert tödliche Fehlbildungen wahrscheinlich richtig, und schwerwiegende Fehlbildungen möglicherweise richtig. Allerdings ist insgesamt seine Fähigkeit, Fehlbildungen zu erkennen, begrenzt. In einer hypothetischen Gruppe von 100.000 Föten identifiziert diese Ultraschalluntersuchung wahrscheinlich 113 von 124 Föten mit tödlichen Fehlbildungen (91,3 %) und möglicherweise 665 von 1776 Föten mit irgendeiner Fehlbildung (37,5 %) korrekt. Leider kommt es möglicherweise vor, dass bei 79 von 98.224 gesunden Föten (0,08 %) fälschlicherweise eine Fehlbildung diagnostiziert wird, obwohl in Wirklichkeit keine vorliegt (falsch-positive Diagnose). Obwohl die Wahrscheinlichkeit einer falsch-positiven Diagnose sehr gering ist, kann diese, wenn sie auftritt, zu unnötigen Ängsten und weiteren Untersuchungen führen.
Die Kombination aus Erst- und Zweit-Trimester-Ultraschall hat eine hohe Sensitivität, da sie bei einer hypothetischen Gruppe von 100.000 Schwangerschaften 1448 von 1776 (83,8 %) der gesamten Fälle mit Fehlbildungen vor der 24. Schwangerschaftswoche möglicherweise identifiziert werden. Bei etwa 118 von 98.224 gesunden Föten (0,1 %) kommt es jedoch möglicherweise zu einer falsch-positiven Diagnose.
In Gruppen von Frauen, die sich nur einer Zweit-Trimester-Untersuchung unterziehen (einstufige Früherkennung), werden offenbar weniger Fehlbildungen vor der 24. Woche festgestellt als in Gruppen, die sich auch einer Erst-Trimester-Untersuchung unterziehen (zweistufige Früherkennung). Ein alleiniger Zweit-Trimester-Ultraschall erkennt möglicherweise 896 von 1776 Fällen (50,5 %, 592 weniger als bei zweistufiger Früherkennung), was bei etwa 205 von 98 224 gesunden Föten (0,2 %, 88 mehr als bei zweistufiger Früherkennung) möglicherweise zu falsch-positiven Diagnosen führen kann.
Allerdings wurden die Studien, die sich ausschließlich auf die Ultraschalluntersuchung im zweiten Trimester konzentrieren, anders konzipiert. Die Frauen nahmen in der Regel nach dem ersten Trimester an den Studien teil. Leicht nachweisbare Fehlbildungen könnten bereits vor Studienbeginn durch andere Untersuchungen identifiziert worden sein, so dass nur die weniger gut erkennbaren Fälle in den Studiengruppen verblieben. Durch diesen Unterschied kann es in Studien, die die Genauigkeit eines alleinigen Zweit-Trimester-Ultraschalls untersuchten, zu Unterschätzungen der Anzahl an Fehlbildungsdiagnosen gekommen sein.
Es ist wichtig zu beachten, dass sich die Häufigkeit der Diagnose einer Fehlbildung je nach Organsystem unterscheidet. Fehlbildungen der Bauchdecke wurden am häufigsten entdeckt: 95,6 % (Erst-Trimester-Ultraschall), 99,0 % (Erst- und Zweit-Trimester-Ultraschall kombiniert) und 90,8 % (alleiniger Zweit-Trimester-Ultraschall). Fehlbildungen des Verdauungstrakts wiesen die niedrigsten Raten auf: 8,3%, 46,5% sowie 33,3%.
Was schränkt die Evidenz ein?
Die Ergebnisse der einbezogenen Studien waren sehr unterschiedlich, so dass es schwierig war, einheitliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Hinzu kommt, dass keine der Studien völlig frei von potenziellen Problemen bei der Durchführung war. Die Bedenken betrafen vor allem die Bestätigung normaler und abnormaler pränataler Befunde nach der Geburt und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Allgemeinbevölkerung, da die meisten Studien in großen Universitätskliniken durchgeführt wurden. Es gab außerdem keine Studien, die einen direkten Vergleich zwischen den Raten an diagnostizierten Fehlbildungen in der Gruppe die zwei Ultraschalluntersuchungen bekamen, mit der die nur eine bekamen, anstellten. Obwohl die Ergebnisse darauf hindeuten, dass die Kombination aus einem Erst- und Zweit-Trimester-Ultraschall Fehlbildungen vor der 24. Schwangerschaftswoche besser erkennen könnte als ein alleiniger Zweit-Trimester-Ultraschall, könnte dieser Unterschied auf unterschiedliche Studiendesigns und Eintrittszeiten zurückzuführen sein.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 22. Juli 2022.
M. Zeitler, L. Gorenflo, freigegeben durch Cochrane Deutschland