Ist die Kombination von Nirmatrelvir plus Ritonavir zur Behandlung oder Prävention von COVID-19 wirksam?

Kernaussagen

Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid) wurde für die Behandlung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) untersucht.

Nirmatrelvir/Ritonavir führt möglicherweise zu weniger Todesfällen und verbessert den Zustand der Patient*innen, gemessen anhand der Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthalts oder Tod innerhalb von 28 Tagen. Daten liegen nur für nicht geimpfte, nicht hospitalisierte Personen mit erhöhtem Risiko für ein Fortschreiten der Krankheit, die innerhalb von fünf Tagen nach Auftreten der Symptome behandelt wurden, vor.

Wir sind sehr unsicher, was die Wirksamkeit von Nirmatrelvir/Ritonavir bei stationären Patient*innen betrifft.

Wir haben zwei Studien aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Forschungsintegrität ausgeschlossen. Wir fanden 13 noch laufende Studien.

Was ist Nirmatrelvir/Ritonavir?

Die Kombination von Nirmatrelvir und Ritonavir ist ein neues Arzneimittel zur Behandlung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus. Es soll bei Betroffenen ohne oder mit leichten Symptomen einen schweren Krankheitsverlauf verhindern. Ritonavir erhöht die Wirksamkeit von Nirmatrelvir, kann aber mit vielen anderen Medikamenten in Wechselwirkung treten, was zu unerwünschten Wirkungen führen kann.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten wissen, ob Nirmatrelvir in Kombination mit Ritonavir die Sterblichkeit, die Krankheitsschwere und die Infektionsdauer bei Menschen mit COVID-19 senkt und ob es zur Prävention der Erkrankung genutzt werden kann. Wir schlossen Studien ein, in denen das Medikament mit einer Placebobehandlung (Scheinbehandlung), keiner Behandlung, der Standardbehandlung oder anderen Behandlungen bei COVID-19 verglichen wurde. Wir befassten uns auch mit Gleichstellungsaspekten und wollten wissen, ob es bestimmte Personengruppen gibt, bei denen Nirmatrelvir/Ritonavir am besten wirkt oder weniger wirksam ist. Wir untersuchten ältere Menschen, sozial benachteiligte Menschen mit Komorbiditäten, Menschen aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sowie Menschen mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft.

Wir untersuchten die Auswirkungen von Nirmatrelvir/Ritonavir bei Menschen mit COVID-19:

- auf die Sterblichkeit,

- ob sich die COVID-19-Symptome der Betroffenen verbessern oder verschlechtern,

- auf die Lebensqualität,

- unerwünschte Wirkungen des Arzneimittels;

- Virusfreiheit.

Wir untersuchten auch die vorbeugende Wirkung hinsichtlich COVID-19-Infektion und COVID-19-Erkrankung.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien (klinische Studien, bei denen Menschen nach dem Zufallsprinzip in eine von zwei oder mehr Behandlungsgruppen eingeteilt werden), die Nirmatrelvir/Ritonavir zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 untersuchten. Bei den mit Nirmatrelvir/Ritonavir behandelten Personen musste eine durch einen Labortest bestätigte COVID-19-Infektion vorliegen und sie mussten sich in ambulanter oder stationärer Behandlung befinden. Personen, die Nirmatrelvir/Ritonavir zur Vorbeugung einer Infektion erhielten, mussten ein hohes Risiko haben, sich mit der Krankheit anzustecken, oder sie mussten einen Hochrisikokontakt mit einem bestätigten COVID-19-Fall haben.

Wir verglichen die Ergebnisse der Studien und fassten sie mit statistischen Methoden zusammen. Und wir bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz, basierend auf gängigen Bewertungskriterien.

Bei allen Effekten untersuchten wir Unterschiede in Bezug auf Altersgruppen, den Grad der Komorbidität, dem Land gemäß der Weltbank-Länderklassifikation nach Einkommensniveau und die ethnische Herkunft.

Was fanden wir?

Wir fanden zwei Studien mit 2510 Teilnehmenden, die Nirmatrelvir/Ritonavir im Vergleich zu Placebo oder der Standardversorgung bei Menschen ohne vorangegangene bestätigte SARS-CoV-2-Infektion und mit erhöhtem Risiko für das Fortschreiten der COVID-19-Erkrankung aufgrund von Begleiterkrankungen oder Risikofaktoren wie Rauchen untersuchten. Die eingeschlossenen ambulanten Patienten wurden während der Delta-Welle rekrutiert, waren nicht geimpft und hatten bis zum Behandlungsbeginn nicht länger als fünf Tage Symptome. Die eingeschlossenen stationären Patienten wurden während der Omicron-Welle rekrutiert, waren meist ungeimpft und leicht bis mittelschwer betroffen.

Wir haben 13 laufende Studien gefunden, die noch nicht abgeschlossen sind. Drei Studien werden derzeit klassifiziert.

Hauptergebnisse

Behandlung von ambulanten Patienten mit COVID-19

Für die spezielle Gruppe der nicht geimpften Hochrisikopatient*innen kann Nirmatrelvir/Ritonavir möglicherweise:

- Todesfälle verringern;

- den Zustand der Patient*innen verbessern (beurteilt als Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthalts oder Tod innerhalb von 28 Tagen);

- schwerwiegende unerwünschte Ereignisse reduzieren.

Für die spezielle Gruppe der nicht geimpften Hochrisikopatient*innen hat Nirmatrelvir/Ritonavir wahrscheinlich folgende Auswirkungen:

- kaum Auswirkungen auf unerwünschte Ereignisse;

- erhöht die Zahl der behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse (vor allem Geschmacksstörungen und Durchfall);

- verringert die Rate an Behandlungsabbrüchen aufgrund unerwünschter Wirkungen.

Gerechtigkeitsaspekte

Die meisten Teilnehmenden der Studie waren jünger als 65 Jahre und von weißer Hautfarbe. Es gab keine Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen jüngeren und älteren Teilnehmenden und Teilnehmenden aus verschiedenen ethnischen Gruppen. Auswertungen für verschiedene Komorbiditätsgrade und nach Einkommensniveau wurden in den Studien nicht berichtet.

Behandlung von stationären Patient*innen mit COVID-19

Wir sind uns nicht sicher, ob Nirmatrelvir/Ritonavir bei den leicht bis moderat betroffenen stationären Hochrisikopatient*innen:

- Todesfälle verringert; und

- die Virenbeseitigung verbessert.

Gerechtigkeitsaspekte

Die meisten Teilnehmenden der Studie waren älter als 65 Jahre. Es gab keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen jüngeren und älteren Teilnehmenden. Es wurden keine Auswertungen für Untergruppen für verschiedene Komorbiditätsgrade, ethnische Zugehörigkeit und nach Einkommensniveau berichtet.

Für andere Endpunkte wurden ebenfalls keine Untergruppenergebnisse berichtet.

Was schränkt die Evidenz ein?

Unser Vertrauen in die Evidenz ist niedrig bis moderat für ambulante Patient*innen und sehr niedrig für stationäre Patient*innen. Die Studien berichteten nicht alle Ergebnisse, die uns interessierten (z. B. Lebensqualität und Symptomfreiheit) und hatten eine sehr spezifische Population von Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von 15. Mai 2023.

Dies ist ein „lebender“ systematischer Review. Wir werden daher unsere Suche alle zwei Monate aktualisieren. Wir werden die weiteren Suchergebnisse und neue relevante Studien öffentlich zugänglich machen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, T. Brugger, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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